"Rot-Grün-Rot wäre eine Katastrophe"

"Rot-Grün-Rot wäre eine Katastrophe"

"Rot-Grün-Rot wäre eine Katastrophe"

Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf

Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf im Gespräch mit der BILD zum Wahlkampf & Koalitionen und Klimaschutz & der Energiesicherheit in Deutschland:

Herr Wolf, im Wahlkampf wurde viel über geschönte Lebensläufe und das Lachen im falschen Augenblick gesprochen. Die Wirtschaft war bislang nur am Rande ein Thema. Stört Sie das?

Um ehrlich zu sein: Mich besorgt das. Den Menschen muss klar sein, dass sie am Wahltag nicht einfach nur darüber abstimmen, welche Koalition in den kommenden vier Jahren dieses Land regiert...

Worum geht es noch?

Es geht um eine grundlegende Richtungsentscheidung darüber, wie unser Land in Zukunft aussehen soll. Die Bürger können wählen zwischen einem Leben in Freiheit, mit einer freien Wirtschaft, Arbeitsplätzen und Wohlstand. Auf der anderen Seite werben Sozialisten mit einem Staat, der immer mehr Kompetenzen an sich zieht, der seine Bürger mit Verboten gängelt und mit Bürokratie erdrückt.

Sie spielen auf eine mögliche Koalition von SPD, Grünen und Linkspartei an?

Eine solche Koalition wäre eine Katastrophe für den Wohlstand in unserem Land. Denn für eine rot-grün-rote Regierung ist das freie Unternehmertum im besten Fall ein Ärgernis, im schlimmsten Fall aber etwas, was es zu verhindern gilt. Schon heute lasten auf den deutschen Unternehmen und den Beschäftigten mit die höchsten Steuern weltweit. Wenn die Abgaben weiter steigen, so wie es Linke und SPD fordern, würden Hunderttausende Arbeitsplätze verloren gehen und der Industriestandort stark geschwächt. Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum eine solche Koalition eine Katastrophe für das Land wäre...

... nämlich?

Eine solche Koalition wäre geschichtsvergessen. Denn es handelt sich bei der Linkspartei ja nicht um irgendeine Partei, sondern um die Nachfolgeorganisation der SED, die den DDR-Unrechtsstaat geführt hat. Es ist die gleiche Partei, die befohlen hat, dass Menschen an der deutsch-deutschen Grenze erschossen werden. Es ist ein Skandal, dass der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz eine Koalition mit der Linkspartei nicht rundweg ausschließt. Wer solche Leute in die Bundesregierung holt, dem fehlt es schlichtweg an moralischem Gespür.

Armin Laschet hat eine Koalition mit der Linkspartei zwar ausgeschlossen, auf harte klimapolitische Vorgaben muss sich die Industrie aber auch bei einer unionsgeführten Regierung einstellen. Hat die Industrie in diesem Land keine Zukunft mehr?

Härtere Regeln für die Industrie würden im Kampf gegen den Klimawandel nicht helfen, im Gegenteil. Die deutschen Fahrzeugbauer beschäftigen sich seit Jahren mit neuen Antriebstechnologien. Statt also darauf zu hoffen, mit staatlichen Verboten den Welt-CO2-Ausstoß um 0,2 Prozent zu drücken, müssen wir alles daran setzen, klimafreundliche Technologien zu entwickeln und in Länder zu exportieren, in denen der CO2-Ausstoß deutlich höher liegt.

Was kann die Politik tun, um die Industrie dabei zu unterstützen?

Vor allem muss sie darüber nachdenken, wie deutsche Unternehmen weniger belastet werden als ihre Konkurrenz im Ausland. Einerseits wäre es an der Zeit, über Steuersenkungen nachzudenken. Auch dürfen die Sozialversicherungsbeiträge nicht über 40 Prozent steigen. Andererseits wird die Industrie beispielsweise auch durch die hohen Strompreise schwer belastet und hat damit einen Wettbewerbsnachteil. Auch unbequeme Debatten, wie z.B. die über die Kernenergie, müssen wir deshalb führen.

Sie sehen eine Zukunft für die Atomkraft in Deutschland?

Ja, wir sollten auch über eine Rückkehr zur Kernkraft sprechen. Denn wir haben in den kommenden Jahren nicht zuletzt wegen der steigenden Elektromobilität einen steigenden Strombedarf, gleichzeitig steigen wir aus der Kohle aus und kommen mit dem Bau von Windkraftanlagen nicht hinterher. Es kann doch nicht sein, dass wir uns völlig abhängig von anderen Ländern machen, wo wir den Atom- und Kohlestrom dann teuer einkaufen.

Wenig gesprochen wird im Wahlkampf auch über die Rente, was muss aus Sicht der Wirtschaft passieren?

Deutschland braucht dringend eine Rentenreform! Die Politik führt die Wähler an der Nase herum, wenn sie so tut, als könne alles beim Alten bleiben. Für die aktuelle Rentengeneration ist die Rente absolut sicher, aber wir müssen sie für die junge Generation durch Reformen ebenso sicher machen.

Das Interview führte Johannes C. Bockenheimer, BILD. Erschienen am 17. September 2021.

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