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Die Gefahr eines Eingriffs in die Tarifautonomie ist noch nicht gebannt

„Bürokratiearme Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie“

Zur heutigen Übergabe des Abschluss­be­richts der Kommis­sion „Büro­kra­tie­arme Umsetzung der Entgelt­trans­pa­renz­richt­linie“ an Bundes­fa­mi­li­en­mi­nis­terin Karin Prien sagte Gesamt­me­tall-Haupt­ge­schäfts­führer Oliver Zander: „Für die Tarif­ver­trags­par­tien und die Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeit­nehmer darf die Umsetzung der Entgelt­trans­pa­renz­richt­linie nicht zu einem Fiasko werden, in dem die Tarif­au­to­nomie beschä­digt und Tarif­ver­träge will­kür­lich durch staat­liche Entschei­dungen beseitigt werden können. Bisher gilt die Rich­tig­keits­ge­währ von Tarif­ver­trägen, wonach der Staat nicht die Ange­mes­sen­heit von tarif­li­chen Rege­lungen zu bewerten hat. Demge­gen­über sind Verstöße von Tarif­ver­trägen gegen höher­ran­giges Recht durch die Gerichte fest­stellbar. Bei dieser strikten Trennung muss es bleiben.“

Die Umsetzung der Entgelt­trans­pa­renz­richt­linie könne für mehr Trans­pa­renz bei der Bezahlung sorgen. Sie dürfe aber nicht dazu führen, dass tarif­ver­trag­liche Rege­lungen zukünftig von den Gerichten auf ihre Ange­mes­sen­heit überprüft werden dürfen. Das würden Art. 9 Abs. 3 Grund­ge­setz und Art. 28 der Charta der Grund­rechte der Euro­pä­i­schen Union verbieten. Zwar sei auch die Lohn­gleich­heit nach Art. 157 des Vertrags über die Arbeits­weise der Euro­pä­i­schen Union unmit­telbar wirkendes Grund­recht, aber allein aufgrund der Aushand­lungs­pro­zesse von Tarif­ver­trägen unter Betei­li­gung von Arbeit­ge­bern und Gewerk­schaften sei eine Diskri­mi­nie­rung durch Tarif­ver­träge faktisch ausge­schlossen.

Zander dankte der Kommis­sion für ihre sacho­ri­en­tierte, praxis­nahe Arbeit und die Einbin­dung von Sach­ver­stän­digen aus den Unter­nehmen: „Gerade bei gut gemeinten Richt­li­nien aus Brüssel zeigt sich immer wieder, dass diese ohne jede Berück­sich­ti­gung der beste­henden betrieb­li­chen Praxis formu­liert und ohne Rücksicht auf beste­hende Lösungen durch­ge­peitscht werden. Umso erfreu­li­cher ist, dass sich die Kommis­sion entschlossen hat, Praktiker zu befragen, um so eine prag­ma­ti­sche, reali­täts­nahe Umsetzung der EU-Richt­linie zu ermög­li­chen.“ Dabei bleibe klar, dass das Ziel, die statis­ti­sche Entgelt­lücke zu schließen, durch diese Richt­linie nie erreicht werden kann, weil sie nicht an den tatsäch­li­chen Gründen für Entgelt­un­ter­schiede ansetzt.

„Ob es wirklich sinnvoll ist, in der derzei­tigen wirt­schaft­li­chen Lage und bei dem gras­sie­renden Unmut auf allen Ebenen über den Brüsseler Büro­kra­tie­fe­tisch ausge­rechnet jene Vorhaben des Koali­ti­ons­ver­trags mit Vorrang zu betreiben, die noch mehr Büro­kratie einführen, ohne den verspro­chenen Nutzen zu erreichen, muss die Bundes­re­gie­rung selbst wissen. Aber wenn sie schon an diesem Projekt festhält, muss sie die wenigen Spiel­räume, die die Richt­linie lässt, auch zu Gunsten der Wirt­schaft nutzen und darf nicht noch zusätz­liche Auflagen für die deutsche Wirt­schaft drauf­sat­teln“, so Zander abschlie­ßend.