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Deutschland fehlen fast 310.000 Arbeitskräfte im MINT-Bereich

MINT-Früh­jahrs­re­port 2023

Berlin. Der „MINT-Früh­jahrs­re­port“ zeigt, dass die Fach­kräf­te­lücke im MINT-Bereich (Mathe­matik, Infor­matik, Natur­wis­sen­schaften, Technik) trotz konjunk­tu­reller Abkühlung auf hohem Niveau bleibt. Die MINT-Fach­kräf­te­lücke erreicht im April 2023 mit insgesamt 308.400 einen der höchsten Werte für den Monat April. Diffe­ren­ziert man die MINT-Fach­kräf­te­lücke nach MINT-Bereichen, so zeigen sich die größten Engpässe in den Energie-/Elek­trobe­rufen mit 88.600, in den Berufen der Maschinen- und Fahr­zeug­technik mit 56.600 und in den IT-Berufen mit 50.600. An vierter Stelle folgen die Bauberufe mit 40.000. In den kommenden Jahren dürften die Engpässe an MINT-Kräften weiter steigen, denn die Unter­nehmen erwarten steigende Bedarfe an MINT-Kräften, um z. B. die Heraus­for­de­rungen von Klima­schutz und Digi­ta­li­sie­rung zu meistern. Zugleich führt der demo­gra­fi­sche Wandel zu stei­genden Ersatz­be­da­rfen, während die Studi­e­n­an­fän­ger­zahlen und auch die Anzahl an MINT-Auszu­bil­denen gesunken sind.

Prof. Dr. Axel Plünnecke, Leiter Themen­cluster Bildung, Inno­va­tion und Migration am Institut der deutschen Wirt­schaft Köln: „Die MINT-Lücke wäre heute noch drama­tisch höher, wenn in den letzten zehn Jahren nicht erste Erfolge zur MINT-Fach­kräf­te­si­che­rung bei Frauen, Älteren und Zuwan­de­rern erreicht worden wären. Der Frauen­an­teil in MINT-Berufen hat von 13,8 Prozent Ende 2012 auf 16,0 Prozent im September 2022 zuge­nommen. Die MINT-Beschäf­ti­gung von Personen im Alter ab 63 Jahren ist in den letzten zehn Jahren stark gestiegen und hat damit einen hohen Anteil zur MINT-Fach­kräf­te­si­che­rung beige­tragen. Unter auslän­di­schen Arbeits­kräften ist die Beschäf­ti­gungs­dy­namik besonders groß – ohne Erfolge bei der Zuwan­de­rung würden rund 385.700 MINT-Fach­kräfte zusätz­lich fehlen.“

Indra Hadeler, Geschäfts­füh­rerin Bildung und Inter­na­ti­o­nale Bezie­hungen des Arbeit­ge­ber­ver­bandes Gesamt­me­tall: „Den erneuten Anstieg der Fach­kräf­te­lücke in den Energie- und Elek­trobe­rufen um 6.100 Personen im Vergleich zum Vorjahr müssen wir als ein deut­li­ches Alarm­si­gnal verstehen. Um die Ener­gie­wende stemmen zu können, sind wir dringend auf mehr Fach­kräfte aus diesem Bereich ange­wiesen. Das gilt für sämtliche Quali­fi­ka­ti­ons­ni­veaus, vom Fach­a­r­beiter bis zum Spezi­a­listen. Die Metall- und Elektro-Industrie ist eine der Schlüs­sel­in­dus­trien in den Bereichen Zukunfts­tech­no­logie und Inno­va­tion. Für das Erreichen der großen Nach­hal­tig­keits­ziele ist die M+E-Industrie mit zuletzt rund 100,7 Milli­arden Inves­ti­ti­ons­auf­wen­dungen also ein wichtiger Weichen­steller für Deut­sch­land. Um den Anschluss nicht zu verlieren, müssen die zukünf­tigen Fach­kräfte jetzt für MINT-Fächer begeis­tert werden. Das bedeutet, dass wir insbe­son­dere bei der MINT-Förderung jetzt nicht nach­lassen dürfen, so dass die Wett­be­werbs- und Zukunfts­fä­hig­keit der deutschen M+E-Industrie nicht gefährdet sind.“

Christina Ramb, Mitglied der Haupt­ge­schäfts­füh­rung der BDA: „MINT-Berufe sind für unsere Wett­be­werbs­fä­hig­keit und damit für den Wohlstand Deut­sch­lands von zentraler Bedeutung. Um sie zu stärken, bedarf es einer gemein­samen Kraft­an­stren­gung und Kommu­ni­ka­tion. Lehr­kräfte, Eltern und Wirt­schaft müssen klar machen: MINT-Berufe sind für Zukunfts­fragen, wie z. B. die Trans­for­ma­tion unserer Wirt­schaft hin zur Klima­neu­tra­lität oder für eine nach­hal­tige Ener­gie­ver­sor­gung, essen­ziell. Wir brauchen möglichst viele MINT-Fach­kräfte. Dafür gibt es verschie­dene Hebel: Frauen für MINT begeis­tern, Auszu­bil­dende und Studie­rende in der anspruchs­vollen MINT-Ausbil­dung begleiten, damit sie durch­halten, ältere Beschäf­tigte länger im Beruf halten und Zuwan­de­rung bewerben und ermög­li­chen. Dazu brauchen wir verein­fachte Verfahren und eine ausge­prägte Will­kom­mens­kultur in Betrieben und Gesell­schaft. Denn schon heute wäre die MINT-Fach­kräf­te­lücke ohne auslän­di­sche Beschäf­tigte deutlich höher.“

Prof. Dr. Christoph Meinel, Vorstands­vor­sit­zender von MINT Zukunft schaffen: „Die Attrak­ti­vität des MINT-Unter­richts an Schulen muss zwingend gestei­gert werden, da diese eine entschei­dende Rolle spielt, um sowohl den Anteil der Mädchen in MINT-Fächern zu erhöhen als auch die Anzahl MINT-affiner Schul­ab­gänger zu steigern. Dies zeigt sich deutlich in der Praxis bei Schulen, die ein MINT-Siegel tragen. Ein verstärkter Fokus auf die MINT-Bildung sowie der konse­quente Einsatz digitaler Tech­no­lo­gien in Bildungs­ein­rich­tungen – sowohl im Unter­richt als auch in der Orga­ni­sa­tion – bereitet Schü­le­rinnen und Schüler best­mög­lich auf zukünf­tige Heraus­for­de­rungen vor und sichert so die Grundlage für Deut­sch­lands Inno­va­ti­ons­kraft und Wett­be­werbs­fä­hig­keit.“

Edith Wolf und Dr. Ekkehard Winter, Vorstände des Nati­o­nalen MINT Forums: „Die immens hohe MINT-Fach­kräf­te­lücke in Höhe von 308.400 Personen ist ein alar­mie­rendes Signal. Sie zeigt deutlich: Die Bedeutung der MINT-Bildung muss in der Politik höhere Priorität erhalten. Dazu sollte die Förderung der MINT-Akti­ons­pläne mit länger­fris­tigen Perspek­tiven versehen und die Gelder für die stetige MINT-Förderung fest im Budget des Minis­te­riums für Bildung und Forschung verankert werden. Darüber hinaus braucht es nicht nur die vertikale Koope­ra­tion zwischen den einzelnen Akteuren der Bildungs­kette, sondern auch die hori­zon­tale Koope­ra­tion zwischen den einzelnen poli­ti­schen Ressorts, da die MINT-Fach­kräf­te­lücke nicht allein über Maßnahmen der Bildungs­po­litik geschlossen werden kann.“

Über den MINT-Report

Der MINT-Report wird zweimal jährlich vom Institut der deutschen Wirt­schaft Köln erstellt. Die Studie entsteht im Auftrag folgender Mitglieder des Nati­o­nalen MINT Forums: Bundes­ver­ei­ni­gung der Deutschen Arbeit­ge­ber­ver­bände, Arbeit­ge­ber­ver­band Gesamt­me­tall und MINT Zukunft schaffen.