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Am 01.01.2019 sind Änderungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz in Kraft getreten. Seitdem steht den Arbeitnehmern ein gesetzlicher Anspruch auf befristete Teilzeit (sog. Brückenteilzeit) für die Dauer zwischen einem und fünf Jahren zu. Damit hat der Gesetzgeber neben den bereits existierenden Ansprüchen einen weiteren Teilzeitanspruch geschaffen.
Arbeitgeber haben – wie auch bei dem bereits seit 2001 bestehenden unbefristeten Teilzeitanspruch – die Möglichkeit, Anträge beispielsweise aus betrieblichen Gründen abzulehnen. Auch die im Rahmen der tariflichen verkürzten Vollzeit geregelte Überlastquote aus dem Tarifabschluss 2018 stellt einen solchen Ablehnungsgrund dar. Der Gesetzgeber normiert eine gesetzliche Zumutbarkeitsgrenze als Ablehnungsgrund. Von diesem können Arbeitgeber mit bis zu 200 Mitarbeitern Gebrauch machen, wenn mit der Annahme eines Antrages auf befristete Teilzeit eine gesetzlich festgelegte und nach Unternehmensgröße gestaffelte Quote überschritten würde.
Mit der Einführung der befristeten Teilzeit wurden auch neue Erörterungs- und Informationspflichten der Arbeitgeber im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt. Weiterhin wurde die Beweislast hinsichtlich einer vom Arbeitnehmer gewünschten Arbeitszeiterhöhung durch Teilzeitbeschäftigte nach § 9 TzBfG in weiteren Punkten auf den Arbeitgeber verlagert. Dabei gilt für die M+E-Industrie, dass die Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit lediglich in unter zwei Prozent der Fälle scheitert. Wenn sie scheitert, gibt es betriebliche Notwendigkeiten, die ein Aufstocken der Arbeitszeit verhindern und auch nicht durch das sog. gesetzliche Rückkehrrecht entfallen werden.
Auf dem Weg zur Einführung der von der SPD angestrebten Familienarbeitszeit für eine bessere Vereinbarkeit des Berufs mit der Erziehung von Kindern bzw. der Pflege von pflegebedürftigen nahestehenden Angehörigen auf dem Niveau einer reduzierten Vollzeitbeschäftigung gilt das Elterngeld Plus als Vorläufer und Testballon. Eltern, die sich für den Bezug von ElterngeldPlus entscheiden, bekommen doppelt so lange wie beim Basiselterngeld vom Staat Unterstützung. Insbesondere Eltern, die nach der Geburt des Kindes in Teilzeit arbeiten, können damit in der Regel ihr Elterngeldbudget besser ausschöpfen. Beim Partnerschaftsbonus bekommen Eltern, die in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind, zusätzlich jeweils für vier weitere Monate ElterngeldPlus. Der weitergehende SPD-Plan einer Familienarbeitszeit sieht vor, dass Eltern von Kindern unter acht Jahren je 150 Euro "Familiengeld" monatlich erhalten, wenn beide Partner zwischen 26 und 36 Wochenstunden arbeiten - also auf dem Niveau einer reduzierten Vollzeitbeschäftigung. Die gleiche Leistung in Höhe von 150 Euro monatlich sollen pflegende Angehörige bekommen, die in dem gleichen Stundenkorridor tätig sind. Zudem sollen pflegende Angehörige eine dreimonatige Freistellung mit Lohnersatzleistung geltend machen können.
Im Ergebnis stellen diese Förderkonzepte eine Subventionierung einer bestimmten Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit dar und sollen dazu animieren, dass Frauen, die tendenziell nach der Geburt eines Kindes oder während der Pflege von Angehörigen deutlich weniger Wochenstunden arbeiten, ihre Arbeitszeit in Richtung vollzeitnahe Teilzeit aufstocken, und Männer, die oft eher als "Familienversorger" weiterhin in Vollzeit arbeiten, ihre Arbeitszeit um einige Stunden verringern. Diese Instrumente, sowohl die befristete Teilzeit (geplante "Brückenteilzeit"), der Teilzeitaufstockung, als auch die Familienarbeitszeit, bzw. das ElterngeldPlus, das ein partnerschaftliches Teilzeitmodell begünstigt, haben das Ziel, die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern.
Jedoch stellen diese Konzepte bereits heute gerade kleinere Unternehmen vor erhebliche administrative, rechtliche und logistische Herausforderungen. Schon geringfügige Arbeitszeitveränderungen der Beschäftigten führen jedes Mal dazu, dass die Arbeitsorganisation erneut umstrukturiert und das durch Arbeitszeitreduzierungen freiwerdende Arbeitsvolumen ausgeglichen werden muss.
Allein die Tatsache, dass der andere Partner - gegebenenfalls sogar im gleichen Maße - Arbeitsvolumen aufbaut, schafft keineswegs Ausgleich für das fehlende Arbeitsvolumen, insbesondere, wenn - was wohl die Regel ist - beide Partner weder im selben Beruf noch im selben Unternehmen arbeiten. Die M+E-Industrie, in der de facto noch immer der ganz überwiegende Teil der MINT-Fachkräfte männlich ist, wird durch die politisch gesteuerte, bewusste Förderung von männlicher Teilzeitarbeit in Zeiten des Fachkräftemangels vor eine besondere Herausforderung gestellt.
Auf der Kehrseite dieser Klientelpolitik für Stammbeschäftigte, die entkoppelt vom Direktionsrecht des Arbeitgebers ihrer Wahlarbeitszeit nachgehen, stehen diejenigen Beschäftigten als Leidtragende, die das fehlende Arbeitsvolumen zur Bewältigung der betrieblich notwendigen Aufgaben ausgleichen. Eine derartige Stärkung der Rechtsposition der Stammbelegschaft kann von den Arbeitgebern nur durch einen stärkeren Rückgriff auf andere Beschäftigungsformen erfolgen, die regelmäßig als prekär verurteilt werden. Beispielsweise durch die Arbeitsverdichtung der anderen Kollegen, Zeitarbeit oder befristete Teilzeitverträge. Wobei letzteres häufig ausscheidet, da es faktisch kaum möglich ist, Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden, die bereit sind, nur wenige Stunden in der Woche zeitlich befristet zu arbeiten.
Zur Begünstigung der Erwerbstätigkeit von Frauen dürfen keine Maßnahmen erfolgen, die den Fachkräftemangel und die Belastungen des demografischen Wandels weiter verschärfen, genausowenig wie eine noch stärkere Beanspruchung der durch die vielfältigen rechtlichen Vorgaben administrativ bereits überproportional stark belasteten kleinen und mittleren Unternehmen.
Um eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen insbesondere in der Industrie zu erreichen, müssen vielmehr Maßnahmen in Bezug auf das Berufswahlverhalten von Frauen und die qualitätsvolle und verlässliche Betreuung von Kindern in Kindergärten und Schulen von der Politik verfolgt werden.