
Fazit: Weitere Erholung angesichts globaler Krisen auf unsicherem Pfad
Der Rückgang der Neuaufträge wurde zum Jahreswechsel von Großaufträgen gebremst. Insgesamt liegen die Orders aber in Breite unter dem Niveau des Vorjahres. Der Auftragsbestand ist infolge der aufgelaufenen Bestellungen jedoch anhaltend hoch.
Produktion und Absatz konnten sich so aufgrund stabilisierter Lieferketten erholen. Angesichts gestiegener Produktions- und Exportpläne und des zum Jahresbeginn stabilisierten Lkw-Verkehrs dürfte diese Entwicklung kurzfristig anhalten.
Die Zahl der Beschäftigten erholte sich weiter und liegt um 68.500 über dem Vorjahr. Der (Wieder-)Aufbau hat sich zwar verbreitert, ist aber innerhalb der M+E-Industrie noch immer sehr unterschiedlich und durch den Strukturwandel geprägt. Zudem bremsen Demografie und Arbeitskräfteengpässe eine noch schnellere Erholung.
Die Energiepreise sind zwar gesunken, liegen im internationalen Vergleich aber weiterhin auf einem nicht wettbewerbsfähigen Niveau. Zwar rechnen weniger M+E-Firmen mit steigenden Preisen, da sich auch die Frachtraten entspannt haben, allerdings steigt die Kerninflation infolge der angelaufenen Preis-Lohn-Spirale weiter an.
Die Lage wird überwiegend gut beurteilt. Die Erwartungen für das kommende Halbjahr waren in den ersten Monaten des neuen Jahres weniger pessimistisch. Allerdings sorgen die neuerlichen Bankenturbulenzen für große Verunsicherung. Das Finanzierungsumfeld droht noch restriktiver zu werden. Andererseits konterkarieren die geldpolitischen Reaktionen die notwendigen Maßnahmen gegen die Inflation.
M+E-Neuaufträge: Großaufträge stabilisieren zum Jahreswechsel
Im Dez. 2022 & Jan. 2023 stabilisierten Großaufträge die Nachfrage. Zum Jahresstart gingen preisbereinigt 2,6% mehr Neuaufträge als im Q4-2022 ein. Wertmäßig stiegen diese um 3,2%. Insgesamt sinkt die Nachfrage aber und liegt mit -9% deutlich unter dem Vorjahr. Überdurchschnittliche Order-Rückgänge verzeichnen v.a. die energieintensiven Gießereien und Metallhersteller.
Trotz der Sondereffekte lag das Book-to-Bill auch im Januar unter 100%. Die Unternehmen arbeiten ihren Auftragsbestand ab, der mit 6 Monaten weiter auf einem überdurchschnittlichen Niveau liegt.
M+E-Produktion erholt sich infolge stabilisierter Lieferketten
Auch zum Jahresstart setzte sich die Erholung des Outputs fort. Der Index stieg um 1,2% ggü. Q4 auf 101 Punkte. Allerdings wird das Vorkrisenniveau von 2018 (107 Punkte) noch deutlich unterschritten.
Die Erholung wird von stabilisierten Lieferketten und dem weiterhin hohen Auftragsbestand getragen. Auch angesichts des im Februar gestiegenen Lkw-Verkehrs (+2,4%) deutet sich kurzfristig ein weiterer Anstieg an. Die Erholung wird jedoch einerseits durch Produktionsbehinderungen gehemmt. Zum anderen laufen die Nachholeffekte zum Teil aus. Im März planten mit im Saldo 13% deutlich weniger M+E-Firmen als in den Vormonaten (25%) ihre Produktion zu erhöhen.
M+E-Umsatz: Absatz steigt überdurchschnittlich
Im Januar lag der Absatz um 1,6% über dem Niveau des Q4. Der Umsatzwert stieg um 2,7%. Einen überdurchschnittlichen Anstieg verzeichneten zum Jahresstart Maschinenbau & Maintenance-Bereiche. Dagegen waren Absatz & Umsatz bei Gießereien stark rückläufig.
Der Absatz kann weiterhin stärker als die Produktion gesteigert werden, da unfertige Erzeugnisse durch die stabilisierten Lieferketten finalisiert werden. Allerdings deutet sich auch eine strukturelle Verschiebung zulasten der inländischen Wertschöpfung an. Die Schere zwischen Umsatzwert & Absatz öffnet sich infolge der (teilweisen) Weitergabe gestiegener Energie- & Einkaufskosten zwar weiter. Die Preiseffekte lagen mit 6% aber unter den Vormonaten.
Branchenportfolio: Strukturwandel prägt Unterschiede in der M+E-Industrie
Die Lage in der M+E-Industrie ist durch den Strukturwandel geprägt. Vor allem die Elektroindustrie verzeichnet eine überdurchschnittliche Auftragslage. Die Produktion kommt dieser trotz eines Anstiegs nicht hinterher. Auf der anderen Seite erlaubte die verbesserte Materiallage eine Stabilisierung der Autoproduktion; die Stückzahl erreichte im Februar 2023 rund 3/4 des Niveaus von 2018. Dabei profitiert die Branche v. a. von der Finalisierung von Altaufträgen, während sich die Neubestellungen im Zulieferbereich abschwächten.
M+E-Beschäftigung mit fortgesetztem (Wieder-) Aufbau
Die Mitarbeiterzahl in der M+E-Industrie war im Januar im Vorjahresvergleich deutlich im Plus (+1,8% bzw. +68,5k). Damit sind wieder fast 3,95 Mio. M+E-Beschäftigte tätig. Im Vorjahresvergleich ist die Entwicklung zwar weiterhin sehr unterschiedlich, allerdings nimmt die Beschäftigung inzwischen in Breite wieder zu. Im Vergleich zum Höchststand im April 2019 liegt die Beschäftigungszahl noch um 110k zurück.
Die Personalpläne sind nur noch leicht aufwärtsgerichtet (+6 Punkte). Der größte Bedarf besteht in der Elektroindustrie sowie im Maschinenbau. Bundesweit fehlen allerdings über 300k MINT-Fachkräfte. Allein die Lücke zwischen als offen gemeldeten M+E-Fachkräftestellen und Arbeitslosen mit (theoretisch) passenden Qualifikationen bleibt saisonbereinigt konstant bei über 20k.
Leichte Entspannung beim Material, Fachkräftemangel weiter hoch
Der Materialmangel baut sich v. a. in der Metallindustrie ab, während er in der Elektroindustrie & dem Maschinenbau hoch bleibt. Insgesamt verschieben sich die Engpässe von Commodity & Rohmaterial zu Komponenten & Baugruppen, die auch aufgrund der Arbeitskräfteengpässe nicht produziert werden können. So berichten 47% der M+E-Firmen über Produktionsbehinderungen wegen fehlender Fachkräfte. Die Engpässe betreffen die M+E-Industrie in Breite. In der Elektroindustrie besteht zudem ein hoher Mangel an Helfern. Die Situation wird durch den Krankenstand verschärft: Die Ausfallrate stieg 2022 auf 6,9% sprunghaft an (2021: 5,4%) und blieb auch zu Jahresbeginn über dem Niveau der Vorjahre.
Auslastung & Auftragsbestand weiterhin überdurchschnittlich
Bearbeitungsstau sowie Über- & Mehrfachbestellungen infolge von Engpässen spiegeln sich weiter in den Kennziffern wider. Die Auftragsreichweite war im Januar mit 6 Monaten nahezu unverändert auf hohem Niveau. Die Kapazitätsauslastung reduzierte sich leicht auf 86%. Die Auftragsbestände werden zwar schlechter als in den Vormonaten bewertet, mit +24 Punkten sind diese aber noch auf hohem Niveau.
Auf der anderen Seite nahm Kurzarbeit wieder leicht zu. Im Oktober arbeiteten 67k M+E-Beschäftigte kurz (+17k ggü. Sep.). Aufgrund gestiegener Neuanzeigen schätzt ifo einen weiteren Anstieg auf 116k bis Februar.
Preisentwicklung leicht gedämpft – Inflation aber verbreitert
Seit Oktober geben die Erzeugerpreise infolge der Beruhigung an den Energiemärkten auf hohem Niveau nach. Politische Maßnahmen dämpften zudem den Anstieg der Verbraucherpreise. Allerdings hat sich die Kerninflation zum Jahresbeginn weiter auf +5,7% (Jan & Feb) erhöht, die Inflation also verbreitert. Dies hält die Inflationsrate bei hohen 8,7%.
Die Preisentwicklung dürfte angesichts der Abhängigkeit von der Energieversorgung volatil und infolge der Kostenüberwälzungen vorerst auf hohem Niveau bleiben. Die Geldpolitik muss der angelaufenen Preis-Lohn-Spirale daher weiter entgegenwirken. Allerdings drohen die notwendigen Maßnahmen gegen die Bankenturbulenzen diese zu konterkarieren.
Stimmung der M+E-Firmen: Pessimismus nimmt weiter ab
Stimmung insgesamt verbessert. Erleichterung über Beruhigung der Energielage spiegelt sich wider.
Kurzfristig mit weiterer Erholung zu rechnen: Firmenpläne weiter aufwärtsgerichtet, Auftragsbestand noch hoch, Lkw-Verkehr erholt.
Aber: Rückläufige Pläne signalisieren nachlassende Erholungseffekte. Unsicherheiten & Risiken Finanzierungsbereich nehmen durch Bankenkrise weiter zu, nachdem Kreditvergabe im H2/22 schon deutlich restriktiver geworden ist.
Prognosen: 2023 „Schwarze Null“ / 2024 +1,3%.