Ergebnisse der Tarifrunde 2018
Ergebnisse der Tarifrunde 2018

Foto: Frank Eppler/Südwestmetall
Mit dem Tarifabschluss haben wir den Grundstein für ein flexibles Arbeitszeitsystem für das 21. Jahrhundert gelegt. Durch den Abschluss erhalten die Betriebe die Möglichkeit, deutlich mehr Arbeitszeitvolumen flexibler zu vereinbaren. Das ist ein großer Erfolg. Damit werden wir auch in der Lage sein, unseren Mitarbeitern mehr Zeitsouveränität zuzugestehen.
Entgelt
Die Gesamtlaufzeit des Tarifvertrags beträgt 27 Monate vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2020. Für den Monat März 2018 erhalten die Beschäftigten einen Pauschalbetrag in Höhe von 100 Euro brutto, Auszubildende erhalten 70 Euro. Zum 1. April 2018 werden die Tabellenentgelte und Ausbildungsvergütungen um 4,3 Prozent erhöht. Eine weitere Tabellenerhöhung erfolgt nicht.
Allerdings gibt es ab dem Jahr 2019 ein jährliches tarifliches Zusatzgeld ("T-ZUG (A)") in Höhe von 27,5 Prozent eines Monatsentgelts, auszahlbar im Juli eines jeden Jahres. Außerdem erhalten die Beschäftigten ein weiteres jährliches tarifliches Zusatzgeld (T-ZUG (B), teilweise Zusatzbetrag genannt), das ebenfalls im Juli jeden Jahres ausgezahlt wird. 2019 sind dies bundesweit pauschal 400 Euro, ab 2020 dann 12,3 Prozent einer regional definierten Entgeltgruppe. Dieses weitere Zusatzgeld kann verschoben, reduziert oder ganz gestrichen werden (dauerhafte Differenzierungsmöglichkeit).
Arbeitszeit
In den Manteltarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie wird eine neue Flexibilität beim Arbeitszeitvolumen eingeführt. Die Betriebe haben die Möglichkeit, deutlich mehr Arbeitsverträge mit ausgeweiteter Arbeitszeit zu vereinbaren, die Beschäftigten haben die Möglichkeit, Arbeitszeitreduzierungen zu fordern. Beides steht in enger Verbindung.
Möglichkeiten zur Arbeitszeitausweitung
In der Metall- und Elektroindustrie gilt eine tarifliche Wochenarbeitszeit von 35 Stunden ("West") bzw. 38 Stunden ("Ost"). Einzelvertraglich kann mit bis zu 13 bzw. 18 Prozent der Beschäftigten (je nach Region) eine höhere Arbeitszeit – bis zu 40 Stunden – freiwillig zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden (sog. 40-Stünder). Diese bisherige Systematik kann durch betriebliche Option beibehalten werden, was bis zum 31. Oktober 2018 geschehen muss. Außerdem gilt für Betriebe, die die Quote zum 1. Januar 2019 überschreiten, nach einer gewissen Übergangs- und Gesprächsphase ein besonderer Bestandsschutz.
Auch die ab 1. Januar 2019 geltenden neuen Regelungen kennen diese Quoten. Allerdings greift das neu eingeführte Widerspruchsrecht für den Betriebsrat erst bei Überschreitung der Quote um 3 bzw. 4 Prozent (je nach Region), was einen gewissen Puffer schafft.
Daneben besteht ab 1. Januar 2019 eine neue Wahlmöglichkeit zum sog. Volumenmodell. Dabei erfolgt die Begrenzung der 40-Stünder mit Hilfe einer betrieblichen Durchschnittsbetrachtung. Dabei werden die Quoten in betriebliche Durchschnitte umgerechnet, zum Beispiel ergeben 18 Prozent bei einer 35 Stundenwoche einen betrieblichen Durchschnitt von 35,9 Wochenstunden. Durch die Einbeziehung der Teilzeitbeschäftigten in die Durchschnittsbetrachtung eröffnet dies in der Regel deutliche mehr Spielraum nach oben. Beispielsweise ermöglicht ein Teilzeitbeschäftigter mit 20 Wochenstunden Stunden (minus 15 Wochenstunden) drei zusätzliche 40-Stunden-Verträge (3 x 5 Stunden mehr).
Statt des Volumenmodells kann auch das sog. Kopfmodell vereinbart werden, bei dem die Anzahl der Verträge mit verlängerter Arbeitszeit derjenigen der Verträge mit verkürzter Arbeitszeit entspricht.
Daneben wurden bei den schon bislang bestehenden erweiterten Quoten die Zugangsmöglichkeiten erheblich erleichtert: Eine Betriebsvereinbarung mit einer Quote von 25 bzw. 30 Prozent ist nicht mehr zwingend an den Tarifvertrag zur Leih-/Zeitarbeit gebunden, sondern kann auch bei einem Fachkräfteengpass vereinbart werden. Die Betriebsvereinbarung zur 45 bzw. 50 Prozent-Quote (besondere betriebliche Entgeltstruktur) hat ebenfalls geringere Zugangsvoraussetzungen.
Über die vertragliche Erweiterung der Arbeitszeit hinaus besteht ab 1. Januar 2018 die betriebliche Möglichkeit, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat aus Zeitkonten bis zu 50 Stunden pro Jahr auszuzahlen, was ebenfalls Spielraum beim Arbeitszeitvolumen schafft.
Möglichkeiten der Arbeitszeitreduzierung
Durch die erweiterten Möglichkeiten beim Arbeitszeitvolumen "nach oben" konnten den Beschäftigten auch Optionen "nach unten" eingeräumt werden. Alle Optionen setzen aber voraus, dass das entfallende Volumen entsprechend ausgeglichen werden kann.
Verkürzte Vollzeit
Alle Beschäftigten mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 35 bzw. 38 Stunden haben ab 1. Januar 2018 nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit einen Anspruch auf eine befristete Verkürzung der Arbeitszeit. Eine Reduzierung ist auf bis zu 28 Wochenstunden und für eine Dauer von 6 bis 24 Monaten möglich. Der Anspruch kann abgelehnt werden, wenn bereits 10 Prozent der Belegschaft die verkürzte Arbeitszeit wahrnehmen oder 18 Prozent der Belegschaft irgendeine Verkürzung der Arbeitszeit vereinbart haben. Außerdem muss ein Ersatz mit entsprechender Qualifikation möglich sein.
Option: Freie Tage statt Geld
Drei Beschäftigtengruppen können wählen, ob Sie statt der Auszahlung des T-ZUG (A) acht zusätzliche freie Tage haben möchten. Diese Option haben Beschäftigte in Schichtarbeit, Beschäftigte mit Kindern bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres sowie Beschäftigte, die Eltern, Kinder, den Ehegatten/Partner oder Schwiegereltern mit mindestens Pflegegrad 1 in häuslicher Pflege betreuen. Je nach Fall gibt es dabei unterschiedliche weitere Voraussetzungen, was z.B. die Betriebszugehörigkeit betrifft. Eine Ablehnung ist außerdem dann möglich, wenn kein innerbetrieblicher Ersatz mit entsprechender Qualifikation gefunden werden kann.
Weitere Inhalte
Mobiles Arbeiten: Der neue Tarifvertrag zum Mobilen Arbeiten enthält Rahmenregelungen für Beschäftigte, die zeitweise oder regelmäßig außerhalb des Betriebes tätig werden. Ansprüche auf Mobiles Arbeit lassen sich nicht daraus ableiten. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Regelungen zum Wegfall von Mehrarbeits- sowie Spät- und Nachschichtzuschlägen und die Verkürzung der Ruhezeiten, was jeweils unter bestimmten Voraussetzungen eingreift.
Auszubildende: Auszubildende erhalten im Grundsatz einen weiteren bezahlten Tag zur Prüfungsvorbereitung.
Sonstiges: Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung konnte die Klarstellung verschiedener Regelungen erreicht werden. Außerdem wurden in einigen Regionen Gesprächsverpflichtungen vereinbart, z.B. zu Arbeitszeitkonten oder der Modernisierung der bestehenden Manteltarifverträge.
Arbeitskampfgeschehen
Die Tarifrunde 2018 war erstmalig durch den flächendeckenden Einsatz von sog. Tagesstreiks geprägt, insbesondere durch eine massive Tagesstreikwelle an den Tagen von 31. Januar bis zum 2. Februar 2018. Diese Streiks erfolgten, obwohl nach der Verhandlungsrunde in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar 2018 bereits Einigkeit über nahezu alle qualitativen Themen bestanden hatte. Vor allem zur Kernfrage der Möglichkeit einer Arbeitszeitreduzierung war durch die vereinbarte Einführung des T-ZUG bereits eine Einigung erzielt worden. Lediglich die in diesem Tarifkonflikt nachrangige Frage der Einmalzahlung und letzte Details einer Tabellenerhöhung waren noch offen. Dieser Punkt wurde in der abschließenden Verhandlungsrunde am 5. Februar 2018 mit nur noch geringfügigen Änderungen gegenüber dem Angebot der Arbeitgeberseite vom 27. Januar 2018 vereinbart. Die Eskalation, zu der die Tagesstreiks der IG-Metall führten, verdeutlicht die folgende Statistik, die die Ausfallstunden der Tarifrunden 2015, 2016 und 2018 miteinander vergleicht:

Während die verhandlungsbegleitenden Warnstreiks in den Wochen vor der Einigung über die zentrale Problematik der Tarifauseinandersetzung zusammengenommen nur ca. ein Drittel der in dieser Tarifrunde insgesamt arbeitskampfbedingten Ausfallstunden zur Folge hatten, verursachten die verhandlungsbegleitenden Tagesstreiks an den Tagen von 31. Januar bis zum 2. Februar 2018 zwei Drittel der ausgefallenen Arbeitsstunden. Die Zahl der Ausfallstunden war damit mehr als dreimal so hoch wie in den Tarifrunden 2015 und 2016.