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Fachkräftemangel

Die Nachfrage nach Personen mit einer MINT-Ausbildung ist nach wie vor hoch und wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter erhöhen. Um Herausforderungen wie den Klimawandel, die Energiewende und die Digitalisierung in der Industrie zu bewältigen, sind gerade MINT-Qualifikationen gefragt. Die Metall- und Elektro-Industrie gehört zu den Wirtschaftsbereichen mit der höchsten MINT-Beschäftigung in Deutschland. Rund 37 Prozent sind dort tätig. Jedoch verlieren die Unternehmen durch das Ausscheiden geburtenstarker Jahrgänge aus dem Arbeitsmarkt stetig Arbeitskräfte – und damit Innovationskraft und auch Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb ist die M+E-Industrie von einer MINT-Fachkräftelücke besonders betroffen.

Fachkräftemangel in der Metall- und Elektro-Industrie / Foto © Gesamtmetall
Foto: Gesamtmetall

Zukünftig wird sich diese Lücke vor allem bei den beruflich ausgebildeten MINT-Fachkräften noch deutlich verschärfen, wenn nicht zusätzliche Potenziale erschlossen und mehr junge Menschen für diese Berufe gewonnen werden. Der Anteil der Frauen sowohl bei den akademischen Berufen als auch bei den dualen Ausbildungsberufen ist viel zu gering. Auch die Rente mit 63 hat den Mangel bei den MINT-Beschäftigten weiter verschärft. Der erwartete Engpass bei den MINT-Akademikern hat sich durch die steigende Zahl der Studierenden und den steigenden Anteil der MINT-Studierenden in jüngster Zeit etwas verringert.

Einführung von verbindlichen bundesweiten Bildungsmindeststandards

Eine der wichtigsten Säulen für die aktuelle und zukünftige Fachkräftesicherung ist die Bildung und Förderung im MINT-Bereich. Die M+E-Berufe sind klassische MINT-Berufe, auch deshalb muss MINT kontinuierlich und nachhaltig als Baustein in den Bildungskarrieren junger Menschen verankert werden. Die hier vermittelten Kenntnisse und Qualifikationen bilden das Fundament für die Fachkräftesicherung der M+E-Industrie. Die Bildungstrend-Umfrage des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB 2021) zeigt akuten Handlungsbedarf: Über 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler konnten am Ende der vierten Klasse einfache mathematische Aufgaben nicht lösen. Die Einführung von verbindlichen bundesweiten Mindeststandards würde gewährleisten, dass jedes Kind bestimmte Leistungsstandards erreicht, wenn es wichtige Schulabschnitte abschließt. An dieser Stelle müssen die Schulen deutlich stärker in die Pflicht genommen werden. Zugleich würde die Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern erhöht. Die M+E-Arbeitgeber sprechen sich ausdrücklich für die Verbesserung von Schul- und Unterrichtsqualität aus, denn das Schulsystem legt den Grundstein zur Ausbildungs- und Studienreife.

Ein weiteres zentrales Element in der MINT-Bildungskette ist die praktische Berufsorientierung. Eine frühzeitig beginnende und flächendeckende Berufsorientierung für alle Schulformen bietet Schülern die Möglichkeit, verschiedene Berufsfelder kennenzulernen und so die eigenen Stärken und Schwächen zu erkunden. Eine realistische Vorstellung der Berufswelt führt zu einer besseren Berufswahlentscheidung. Weiterhin sollte auch die Praxisnähe gewährleistet sein. Praktika in Betrieben und in alltäglichen Arbeitszusammenhängen sollten während der Schulzeit mehr Raum als bisher einnehmen.

Ebenso muss in den Schulen mehr ökonomische Bildung stattfinden. Schülerinnen und Schüler brauchen ein frühes Verständnis von wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Grundlagen und Zusammenhängen. Das Gleiche gilt für die Informatik. Angesichts der technologischen Entwicklungen und zukünftigen Anforderungen an MINT-Fachkräfte muss die Schulbildung mindestens informatische Grundbildung garantieren. In Deutschland gibt es keinen flächendeckenden oder verpflichtenden Informatikunterricht über mehrere Klassenstufen hinweg. So ist es in Deutschland als einem der wenigen Länder in Europa möglich, die Schule ohne informatische Grundbildung zu verlassen. Voraussetzung dafür ist und bleibt eine vernünftige Ausstattung aller Schulen mit IT-Infrastruktur und Hardware. Der im Koalitionsvertrag vorgesehene „Digitalpakt 2.0“ zur Anschlussfinanzierung des zeitnah auslaufenden „Digitalpakts Schule“ muss umgesetzt werden. Die bürokratischen Hürden für die Schulen, die der Ausschüttung der finanziellen Mittel vorausgehen, müssen drastisch reduziert werden.

Keine MINT-Lehrkräfte – kein MINT-Unterricht – keine MINT-Fachkräfte

Vor diesem Hintergrund wird ein besonders drängendes Problem in Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel im MINT-Bereich deutlich: Der Lehrkräftemangel in sämtlichen Schulformen und über alle Klassenstufen hinweg. Hier müssen sich die Rahmenbedingungen für Studium und Lehrberuf dringend verbessern, damit das Lehramt wieder stärker nachgefragt wird. Gerade angehende MINT-Lehrkräfte finden in der freien Wirtschaft attraktive Angebote, mit denen die Schulen nicht mithalten können. Es droht ein Teufelskreis: Keine MINT-Lehrkräfte – kein MINT-Unterricht – keine MINT-Fachkräfte.

Die Unternehmen und Verbände der M+E-Industrie haben das Problem erkannt und arbeiten seit vielen Jahren daran, mit zahlreichen Projekten und Maßnahmen den Nachwuchs an MINT-Fachkräften für die Branche zu sichern. Herausragende Beispiele sind die vier folgenden von den M+E-Arbeitgebern ins Leben gerufenen oder mitgetragenen Initiativen:

  • Bereits seit 1990 informieren die M+E-Arbeitgeber Schülerinnen und Schüler in Deutschland mit den M+E-InfoMobilen über die Ausbildungsmöglichkeiten in den technischen Berufen der M+E-Industrie. Von 2014 bis 2016 wurden die InfoMobile durch neue InfoTrucks ersetzt. Insgesamt zehn dieser hochmodernen Fahrzeuge sind seit Beginn des Jahres 2017 im Einsatz und stehen 2024 vor einer weiteren spannenden Neuerung.
  • Unter der Marke think ING. informieren die M+E-Verbände Schülerinnen, Schüler und Studierende über MINT-Studiengänge, das Studium und die Berufsbilder im Ingenieurwesen. Die Plattform wird derzeit überarbeitet und um viele neue Tools und Informationen ergänzt. Eine neu entwickelte App erlaubt ab Ende 2023 den mobilen Zugang.
  • Die M+E-Verbände fördern das nationale Excellence-Netzwerk MINT-EC, bestehend aus Gymnasien mit ausgeprägtem Profil in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es wurde im Jahr 2000 von den Arbeitgebern gegründet und arbeitet eng mit deren regionalen Bildungsinitiativen zusammen. MINT-EC bietet ein breites Veranstaltungs-, Förder- und Vernetzungsangebot für Schülerinnen und Schüler sowie Fortbildungen und fachlichen Austausch für Lehrkräfte und Schulleitungen. Das Netzwerk mit derzeit 338 zertifizierten Schulen mit rund 350.000 Schülerinnen und Schülern sowie 29.500 Lehrkräften steht seit 2009 unter der Schirmherrschaft der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK).
  • Eine weitere Initiative der M+E-Arbeitgeber ist das größte europäische MINT-Lehrkräftenetzwerk Science on Stage. Im Fokus steht die Entwicklung innovativer Lehr- und Lernideen und der Austausch. Mehr als 25.000 Lehrkräfte nutzen bereits die Unterrichtsmaterialien, die Qualifizierungsangebote für Primar- und Sekundarstufe oder besuchen eine von über 20 Lehrkräftefortbildungen.