Zum Inhalt springen

Fachkräftemangel

Der Fach­kräf­temangel – tref­fender eigent­lich Fach- und Arbeits­kräf­temangel – ist zwei­fellos eines der größten Probleme in den kommenden Jahren, nicht nur für die M+E-Industrie, sondern für unser ganzes Land. Die Wert­schöp­fung der Industrie und damit der Sozi­al­staat und der Wohlstand insgesamt hängen entschei­dend davon ab, ob es gelingt, Problemen wie Klima­wandel, Struk­tur­wandel oder geopo­li­ti­schen Verwer­fungen mit ausrei­chendem Fach­per­sonal zu begegnen. Dagegen steht der demo­gra­fi­sche
Wandel. Laut MINT-Report fehlen in Deut­sch­land insgesamt über 333.000 Arbeits­kräfte in diesem Bereich, also neben den Akade­mi­kern auch die Techniker, Meister und sonstigen gut ausge­bil­deten Fach­kräfte.

Das alles zeigt: Der Fach­kräf­temangel ist für die Unter­nehmen der M+E-Industrie bereits zum größten Problem geworden. Laut aktueller ifo Konjunk­tu­rum­frage könnten 38 Prozent aller M+E-Unter­nehmen mehr produ­zieren, wenn sie geeig­netes Personal finden würden. Gleich­zeitig scheiden mit stei­gender Tendenz in kommenden Jahren jährlich 80.000 bis 100.000 M+E-Beschäf­tigte bezie­hungs­weise 2 bis 2,5 Prozent der Beleg­schaft alters­be­dingt aus. Das heißt: Das Problem droht sich in den kommenden Jahren immer weiter zu verschärfen. Es ist auch klar, dass unter diesen Rahmen­be­din­gungen generelle Arbeits­zeit­ver­kür­zungen der völlig falsche Weg und geradezu kontra­pro­duktiv wären.

Das ist mit dem aktuellen Nachwuchs aus Schulen und Ausbil­dungs­be­trieben überhaupt nicht aufzu­holen. Hier hilft nicht ein Instru­ment, nicht ein Weg allein. Erst wenn viele Maßnahmen im Rahmen einer Gesamt­s­tra­tegie simultan ergriffen werden, hat die Industrie die Chance, dem Mangel an Arbeits­kräften wirkungs­voll zu begegnen.

Die Nachfrage nach Personen mit einer MINT-Ausbil­dung ist nach wie vor hoch und wird sich in den kommenden Jahren und Jahr­zehnten weiter erhöhen. Um Heraus­for­de­rungen wie den Klima­wandel, die Ener­gie­wende und die Digi­ta­li­sie­rung in der Industrie zu bewäl­tigen, sind gerade MINT-Quali­fi­ka­ti­onen gefragt. Die Metall- und Elektro-Industrie gehört zu den Wirt­schafts­be­rei­chen mit der höchsten MINT-Beschäf­ti­gung in Deut­sch­land. Rund 37 Prozent sind dort tätig. Jedoch verlieren die Unter­nehmen durch das Ausscheiden gebur­ten­starker Jahrgänge aus dem Arbeits­markt stetig Arbeits­kräfte – und damit Inno­va­ti­ons­kraft und auch Wett­be­werbs­fä­hig­keit. Deshalb ist die M+E-Industrie von einer MINT-Fach­kräf­te­lücke besonders betroffen.

Zukünftig wird sich diese Lücke vor allem bei den beruflich ausge­bil­deten MINT-Fach­kräften noch deutlich verschärfen, wenn nicht zusätz­liche Poten­ziale erschlossen und mehr junge Menschen für diese Berufe gewonnen werden. Der Anteil der Frauen sowohl bei den akade­mi­schen Berufen als auch bei den dualen Ausbil­dungs­be­rufen ist viel zu gering. Auch die Rente mit 63 hat den Mangel bei den MINT-Beschäf­tigten weiter verschärft. Der erwartete Engpass bei den MINT-Akade­mi­kern hat sich durch die steigende Zahl der Studie­renden und den stei­genden Anteil der MINT-Studie­renden in jüngster Zeit etwas verrin­gert.

Einführung von verbindlichen bundesweiten Bildungsmindeststandards

Eine der wich­tigsten Säulen für die aktuelle und zukünf­tige Fach­kräf­te­si­che­rung ist die Bildung und Förderung im MINT-Bereich. Die M+E-Berufe sind klas­si­sche MINT-Berufe, auch deshalb muss MINT konti­nu­ier­lich und nach­haltig als Baustein in den Bildungs­kar­rieren junger Menschen verankert werden. Die hier vermit­telten Kennt­nisse und Quali­fi­ka­ti­onen bilden das Fundament für die Fach­kräf­te­si­che­rung der M+E-Industrie. Die Bildungs­trend-Umfrage des Instituts zur Quali­täts­ent­wick­lung im Bildungs­wesen (IQB 2021) zeigt akuten Hand­lungs­be­darf: Über 20 Prozent der Schü­le­rinnen und Schüler konnten am Ende der vierten Klasse einfache mathe­ma­ti­sche Aufgaben nicht lösen. Die Einfüh­rung von verbind­li­chen bundes­weiten Mindest­stan­dards würde gewähr­leisten, dass jedes Kind bestimmte Leis­tungs­stan­dards erreicht, wenn es wichtige Schul­ab­schnitte abschließt. An dieser Stelle müssen die Schulen deutlich stärker in die Pflicht genommen werden. Zugleich würde die Vergleich­bar­keit zwischen den Bundes­län­dern erhöht. Die M+E-Arbeit­geber sprechen sich ausdrü­ck­lich für die Verbes­se­rung von Schul- und Unter­richts­qua­lität aus, denn das Schul­system legt den Grund­stein zur Ausbil­dungs- und Studi­en­reife.

Ein weiteres zentrales Element in der MINT-Bildungs­kette ist die prak­ti­sche Berufs­o­ri­en­tie­rung. Eine früh­zeitig begin­nende und flächen­de­ckende Berufs­o­ri­en­tie­rung für alle Schul­formen bietet Schülern die Möglich­keit, verschie­dene Berufs­felder kennen­zu­lernen und so die eigenen Stärken und Schwächen zu erkunden. Eine realis­ti­sche Vorstel­lung der Berufs­welt führt zu einer besseren Berufs­wahl­ent­schei­dung. Weiterhin sollte auch die Praxis­nähe gewähr­leistet sein. Praktika in Betrieben und in alltäg­li­chen Arbeits­zu­sam­men­hängen sollten während der Schulzeit mehr Raum als bisher einnehmen.

Ebenso muss in den Schulen mehr ökono­mi­sche Bildung statt­finden. Schü­le­rinnen und Schüler brauchen ein frühes Verständnis von wirt­schaft­li­chen und volks­wirt­schaft­li­chen Grund­lagen und Zusam­men­hängen. Das Gleiche gilt für die Infor­matik. Ange­sichts der tech­no­lo­gi­schen Entwick­lungen und zukünf­tigen Anfor­de­rungen an MINT-Fach­kräfte muss die Schul­bil­dung mindes­tens infor­ma­ti­sche Grund­bil­dung garan­tieren. In Deut­sch­land gibt es keinen flächen­de­ckenden oder verpflich­tenden Infor­ma­tik­un­ter­richt über mehrere Klas­sen­stufen hinweg. So ist es in Deut­sch­land als einem der wenigen Länder in Europa möglich, die Schule ohne infor­ma­ti­sche Grund­bil­dung zu verlassen. Voraus­set­zung dafür ist und bleibt eine vernünf­tige Ausstat­tung aller Schulen mit IT-Infra­s­truktur und Hardware. Der im Koali­ti­ons­ver­trag vorge­se­hene „Digi­tal­pakt 2.0“ zur Anschluss­fi­nan­zie­rung des zeitnah auslau­fenden „Digi­tal­pakts Schule“ muss umgesetzt werden. Die büro­kra­ti­schen Hürden für die Schulen, die der Ausschüt­tung der finan­zi­ellen Mittel voraus­gehen, müssen drastisch reduziert werden.

Keine MINT-Lehrkräfte – kein MINT-Unterricht – keine MINT-Fachkräfte

Vor diesem Hinter­grund wird ein besonders drän­gendes Problem in Zusam­men­hang mit dem Fach­kräf­temangel im MINT-Bereich deutlich: Der Lehr­kräf­temangel in sämt­li­chen Schul­formen und über alle Klas­sen­stufen hinweg. Hier müssen sich die Rahmen­be­din­gungen für Studium und Lehrberuf dringend verbes­sern, damit das Lehramt wieder stärker nach­ge­fragt wird. Gerade angehende MINT-Lehr­kräfte finden in der freien Wirt­schaft attrak­tive Angebote, mit denen die Schulen nicht mithalten können. Es droht ein Teufels­kreis: Keine MINT-Lehr­kräfte – kein MINT-Unter­richt – keine MINT-Fach­kräfte.

Die Unter­nehmen und Verbände der M+E-Industrie haben das Problem erkannt und arbeiten seit vielen Jahren daran, mit zahl­rei­chen Projekten und Maßnahmen den Nachwuchs an MINT-Fach­kräften für die Branche zu sichern. Heraus­ra­gende Beispiele sind die vier folgenden von den M+E-Arbeit­ge­bern ins Leben gerufenen oder mitge­tra­genen Initia­tiven:

  • Bereits seit 1990 informieren die M+E-Arbeitgeber Schülerinnen und Schüler in Deutschland mit den M+E-InfoMobilen über die Ausbildungsmöglichkeiten in den technischen Berufen der M+E-Industrie. Von 2014 bis 2016 wurden die InfoMobile durch neue InfoTrucks ersetzt. Insgesamt zehn dieser hochmodernen Fahrzeuge sind seit Beginn des Jahres 2017 im Einsatz und stehen 2024 vor einer weiteren spannenden Neuerung.
  • Unter der Marke think ING. informieren die M+E-Verbände Schülerinnen, Schüler und Studierende über MINT-Studiengänge, das Studium und die Berufsbilder im Ingenieurwesen. Die Plattform wird derzeit überarbeitet und um viele neue Tools und Informationen ergänzt. Eine neu entwickelte App erlaubt ab Ende 2023 den mobilen Zugang.
  • Die M+E-Verbände fördern das nationale Excellence-Netzwerk MINT-EC, bestehend aus Gymnasien mit ausgeprägtem Profil in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es wurde im Jahr 2000 von den Arbeitgebern gegründet und arbeitet eng mit deren regionalen Bildungsinitiativen zusammen. MINT-EC bietet ein breites Veranstaltungs-, Förder- und Vernetzungsangebot für Schülerinnen und Schüler sowie Fortbildungen und fachlichen Austausch für Lehrkräfte und Schulleitungen. Das Netzwerk mit derzeit 338 zertifizierten Schulen mit rund 350.000 Schülerinnen und Schülern sowie 29.500 Lehrkräften steht seit 2009 unter der Schirmherrschaft der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK).
  • Eine weitere Initiative der M+E-Arbeitgeber ist das größte europäische MINT-Lehrkräftenetzwerk Science on Stage. Im Fokus steht die Entwicklung innovativer Lehr- und Lernideen und der Austausch. Mehr als 25.000 Lehrkräfte nutzen bereits die Unterrichtsmaterialien, die Qualifizierungsangebote für Primar- und Sekundarstufe oder besuchen eine von über 20 Lehrkräftefortbildungen.

Keine Frage: Es wird eine große und gleich­wohl notwen­dige Kraft­an­stren­gung, eine gigan­ti­sche Heraus­for­de­rung für Unter­nehmen, Politik und Gesell­schaft. Sie kann aus Sicht von Gesamt­me­tall aber nur gelingen, wenn die folgenden acht Kern­for­de­rungen erfüllt werden:

Forderung 1
BILDUNGSSYSTEM NEU AUFSTELLEN

Fach­kräf­te­si­che­rung beginnt bereits im Kinder­garten und in der Schule. Doch das Bildungs­system in Deut­sch­land steht im inter­na­ti­o­nalen Vergleich denkbar schlecht da, und die Situation verschlim­mert sich weiter, auch ange­sichts der wach­senden Lehr­kräf­te­lücke. Dies wider­spricht eklatant dem durch das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt allgemein zuer­kannten Grund­recht auf schu­li­sche Bildung. Es ist höchste Zeit, das Bildungs­system schnell und nach­haltig dazu zu befähigen, ausbil­dungs- und studi­en­reife Schüler hervor­zu­bringen. Dies kann nur gelingen, wenn den Schulen verbind­liche Mindest­bil­dungs­stan­dards vorge­geben und die Ergeb­nisse geprüft und trans­pa­rent gemacht werden.
Besonders kritisch ist aus Sicht von Gesamt­me­tall, dass es keinen flächen­de­ckenden Infor­ma­tik­un­ter­richt gibt: So ist es in Deut­sch­land als einem der wenigen euro­pä­i­schen Länder möglich, die Schule ohne infor­ma­ti­sche Grund­kennt­nisse zu verlassen. Dies ist ange­sichts des Tempos der Digi­ta­li­sie­rung in Gesell­schaft und Arbeits­markt völlig inak­zep­tabel.
Auch muss die Digi­ta­li­sie­rung an den Schulen selbst erheblich beschleu­nigt werden. Dazu müssen nicht nur die Prozesse zur Abrufung der Mittel aus dem Digi­tal­Pakt (Bildungs­mi­nis­te­rium) verein­facht werden, sondern auch die im Koali­ti­ons­ver­trag verspro­chene Verlän­ge­rung der Förderung – Digital-Pakt 2.0 – zügig auf den Weg gebracht werden.

Forderung 2
DUALE AUSBILDUNG STÄRKEN

Auch zwei Jahre nach der Pandemie bleibt die Situation am Ausbil­dungs­markt heraus­for­dernd. Die Ausbil­dungs­zahlen erholen sich zwar langsam, dennoch bleiben die abge­schlos­senen Neuver­träge immer noch hinter dem Niveau von 2019 zurück. Immer weniger junge Menschen inter­es­sieren sich für eine betrieb­liche duale Ausbil­dung. Gleich­zeitig zeigt sich ein Trend zu höheren Schul­ab­sch­lüssen und einer akade­mi­schen Laufbahn – mit negativen Folgen gerade für die Fach­kräfte mit mittleren Quali­fi­ka­ti­onen, die den Großteil der Beleg­schaften der M+E.-Unter­nehmen ausmachen.
Um die Attrak­ti­vität einer Berufs­aus­bil­dung zu erhöhen, muss das Bewusst­sein in der Gesell­schaft hinsicht­lich der gleich­wer­tigen Chancen von akade­mi­scher und beruf­li­cher Bildung gestärkt werden. Dies muss eine zentrale Botschaft der Berufs­o­ri­en­tie­rung an allen Schulen werden.
Zugleich müssen zukünftig alle Poten­ziale für den Ausbil­dungs­markt adres­siert werden, besonders auch junge Menschen, die sich nicht unmit­telbar für ein Studium entscheiden, aber ansonsten noch unori­en­tiert sind. In dieser Über­g­angs­zeit nach der Schule muss eine gezielte Berufs­o­ri­en­tie­rung ansetzen und insbe­son­dere auch Praktika anbieten.
Deshalb begrüßt Gesamt­me­tall, dass durch den aktuellen Gesetz­ent­wurf zum Weiter­bil­dungs­ge­setz außer­schu­li­sche Praktika gefördert werden sollen.
Zudem wurde der Forderung von Gesamt­me­tall nach Mobi­li­täts­hilfen für den länd­li­chen Raum entspro­chen und die Ausbil­dungs­ga­rantie in Form einer außer­be­trieb­li­chen Ausbil­dung auf einen engen Perso­nen­kreis beschränkt, womit der betrieb­li­chen Ausbil­dung klar Vorrang einge­räumt bleibt.

Forderung 3
ARBEITSZEIT FLEXIBLER GESTALTEN

Die Möglich­keit (zeitlich) flexibel zu arbeiten, gehört für viele Beschäf­tigte zu einem der wich­tigsten Gründe, warum sie sich für einen Job entscheiden oder nicht. Aber genau hier ist Deut­sch­land inter­na­ti­onal nicht wett­be­werbs­fähig. Unser Land leistet sich noch immer ein viel zu starres Arbeits­zeit­ge­setz, das Unter­nehmen und Beschäf­tigten wenig Spielraum gibt.
Wenn ein Mita­r­beiter beispiels­weise abends um 23:00 Uhr noch einmal die E-Mails checkt, weil zuvor die Kinder­be­treuung gesichert werden musste, dürfte er nach der geltenden Ruhe­zeit­re­ge­lung von elf Stunden am nächsten Morgen nicht vor 10:00 Uhr seinen Arbeitstag beginnen. Für die aller­meisten Beschäf­tigten geht dies komplett an ihrer Lebens­re­a­lität vorbei.
Deshalb fordern die M+E-Arbeit­geber, die gesetz­li­chen Rege­lungen sollten den Tarif­ver­trags­par­teien so viel Spielraum geben, wie die euro­pä­i­sche Arbeits­zei­tricht­linie zulässt. So müssen zum Beispiel die Rege­lungen zur Höchst­a­r­beits­zeit im Einklang mit der Arbeits­zei­tricht­linie von einer Tages­höchst­a­r­beits­zeit auf eine Wochen­höchst­a­r­beits­zeit umge­stellt werden. Nur dann können von den Tarif­ver­trags­par­teien pass­ge­naue Rege­lungen verein­bart werden, die – entweder über eine Erhöhung des Volumens oder der Flexi­bi­lität – den Unter­nehmen helfen, dem Fach­kräf­temangel entge­gen­zu­treten. Keiner soll deswegen länger arbeiten müssen, aber die Arbeit besser innerhalb der Woche verteilen dürfen.
Flan­kie­rend muss die geltende Ruhe­zeit­re­ge­lung mit einer unbe­schränkten Öffnungs­klausel für die Tarif­partner erweitert werden. Dies sind gebotene Maßnahmen, um den Unter­nehmen Flexi­bi­lität zu bieten. Flexi­bi­lität, die aufgrund des Fach­kräf­teman­gels dringend benötigt wird.

Forderung 4
ARBEITSZEITVOLUMEN ERHÖHEN

Die Unter­nehmen benötigen derzeit das gesamte zur Verfügung stehende Arbeits­zeit­vo­lumen, um dem Fach­kräf­temangel entge­gen­zu­treten. Forde­rungen nach einer Absenkung der Arbeits­zeit – teilweise sogar mit Lohn­aus­gleich – sind deshalb nicht ziel­füh­rend. Statt­dessen muss alles dafür getan werden, das Arbeits­zeit­vo­lumen lang­fristig mindes­tens stabil zu halten und dort, wo es Unter­nehmen und Beschäf­tigte gemeinsam mitein­ander verein­baren, auch zu erhöhen.
Zwar bieten die Tarif­ver­träge der Metall- und Elektro-Industrie schon heute viel­fäl­tige Möglich­keiten, die Arbeits­zeit indi­vi­duell und auch kollektiv anzu­passen – auch nach unten. Für den einzelnen Arbeit­nehmer gibt es neben dem gesetz­li­chen Anspruch auf Teilzeit eine vorüber­ge­hende verkürzte Vollzeit. Genauso kann er, wenn er es wünscht und der Bedarf vorhanden ist, seine Arbeits­zeit verlän­gern.
Es gibt also für den Arbeit­nehmer – neben der gesetz­li­chen Teilzeit – eine Band­breite von 28 bis zu 40 Stunden pro Woche, in der er seine Arbeits­zeit indi­vi­du­a­li­sieren kann. Immer natürlich mit der entspre­chenden Anpassung des Entgelts.

Forderung 5
RENTE MIT 63 ABSCHAFFEN

Die „abschlags­freie Rente mit 63“ war ein Fehler und muss dringend wieder abge­schafft werden. Sie sorgt jährlich für das vorzei­tige Ausscheiden Hundert­tau­sender Beschäf­tigter. Dabei können vor allem ältere Beschäf­tigte einen wichtigen Beitrag zur Bekämp­fung des Fach­kräf­teman­gels leisten.
Auch aufgrund ihres jahre­langen Erfah­rungs­schatzes haben die Unter­nehmen ein Interesse daran, ihre älteren Beschäf­tigten so lange wie möglich zu halten. Derartige Früh­ver­ren­tungs­an­reize müssen daher konse­quent abge­schafft werden. Allein im Jahr 2020 sind bei der Deutschen Renten­ver­si­che­rung Bund etwa 260.000 Anträge auf die „Rente mit 63“ einge­gangen. Seit Inkraft­treten der Regelung haben damit insgesamt bereits 1,7 Millionen Beschäf­tigte den Antrag auf vorzei­tigen Renten­ein­tritt gestellt. Und die Beitrags­zahler müssten allein bis 2035 fast 140 Milli­arden Euro zusätz­lich bezahlen. Dieser Irrweg muss gestoppt, und gegen­läu­fige Maßnahmen müssen ergriffen werden.
Ange­sichts der demo­gra­fi­schen Entwick­lung muss zudem über einen späteren Renten­ein­tritt gespro­chen werden. Um das Verhältnis von Arbeits­jahren und Renten­be­zugs­jahren in etwa konstant zu halten, muss klares renten­po­li­ti­sches Ziel die Anhebung des Renten­zu­gangs­al­ters sein. Obwohl die Koali­ti­ons­par­teien im Koali­ti­ons­ver­trag geregelt haben, dass es in dieser Legis­la­tur­pe­riode keine Erhöhung des gesetz­li­chen Renten­ein­tritts­al­ters geben wird, hat Gesamt­me­tall es geschafft, die zwingend notwen­dige Diskus­sion darüber anzu­stoßen.

Forderung 6
ZUWANDERUNG ERLEICHTERN

Obwohl der steigende Fach- und Arbeits­kräf­te­be­darf nicht syste­ma­tisch und dauerhaft allein durch Erwerbs­mi­gra­tion gesichert werden kann, ist die Fach­kräf­te­zu­wan­de­rung insbe­son­dere aus Dritt­staaten eine wichtige Säule zur Bekämp­fung des Fach­kräf­teman­gels.
Leider ist die Attrak­ti­vität Deut­sch­lands für auslän­di­schen Fach­kräfte gerade aus Dritt­staaten durch über­bor­dende Büro­kratie, lang­wie­rige Visa­ver­fahren, komplexe Behör­den­struk­turen in Bund und Ländern, zu hohe Gehalts­schwellen sowie die deutsche Sprache stark einge­schränkt. Die im März 2023 vorge­legten Reform­pläne der Ampel­ko­a­li­tion zur Weiter­ent­wick­lung der Erwerbs­mi­gra­tion von Fach­kräften aus Dritt­staaten gehen hier nicht weit genug: Die Einfüh­rung weiterer Visa­for­mate und Einwan­de­rungs­pfade wird eher zu weiteren Verzö­ge­rungen führen. Statt­dessen sollte durch klarere Struk­turen, mehr Personal und vor allem eine flächen­de­ckende Digi­ta­li­sie­rung für eine deutliche Beschleu­ni­gung der Prozesse und eine Entlas­tung der Behörden gesorgt werden.
Zudem brauchen wir dringend die Aufhebung des Zeit­a­r­beits­ver­bots für Dritt­staa­ten­an­ge­hö­rige: Durch eine Vorprü­fung der recht­li­chen Bedin­gungen im Ausland, die Übernahme der Visa­bü­ro­kratie und gege­be­nen­falls der Vermitt­lung grund­le­gender Deutsch­kennt­nisse könnten gerade kleine und mittlere Unter­nehmen bei der Gewinnung dieser Fach­kräfte erheblich entlastet werden.

Forderung 7
DIGITALISIERUNG UND AUTOMATISIERUNG NUTZEN

Die Digi­ta­li­sie­rung wird Wirt­schaft und Gesell­schaft als Megatrend auch in Zukunft weiter ihren Stempel aufdrü­cken. Sie bietet gleich­zeitig enorme Poten­ziale zur Stei­ge­rung der Produk­ti­vität. Die deutsche M+E-Industrie ist Vorreiter bei der Entwick­lung und Nutzung von digitalen Tech­no­lo­gien und Auto­ma­ti­sie­rungs­technik. Zudem arbeitet jeder fünfte M+E-Beschäf­tigte regel­mäßig mobil.
Von zentraler Bedeutung ist aber, die richtigen infra­s­truk­tu­rellen Voraus­set­zungen für die Entwick­lung und Nutzung von daten­ba­sierten Geschäfts­mo­dellen und Produkten sowie von digi­ta­li­sierten Prozessen, Robotik bezie­hungs­weise Cobots und weiteren Werk­zeugen vorzu­finden.
Trotz Fort­s­chritten in der Breit­band­ver­sor­gung liegt der Anteil der Glas­fa­ser­an­sch­lüsse in Deut­sch­land weiterhin deutlich unter dem Schnitt der OECD­Länder. So gelingt es bislang den meisten der Unter­nehmen nicht, die Voraus­set­zungen für eine struk­tu­rierte Daten­be­wirt­schaf­tung zu schaffen. Der in der Giga­bit­stra­tegie des Bundes beschlos­sene Ausbau der Glas­fa­se­rin­fra­s­truktur einschließ­lich des Mobil­funks neuester Gene­ra­tion muss daher mit hoher Priorität fort­ge­setzt und beschleu­nigt werden. Zudem müssen die öffent­lich geför­derten Forschungs­in­sti­tute und -projekte viel stärker auf die Anwendung und Imple­men­tie­rung digitaler Tech­no­lo­gien in der Praxis ausge­richtet sein.

Forderung 8
BERUFSORIENTIERUNG AUSBAUEN

Die meisten Jugend­li­chen fühlen sich heute nicht mehr ausrei­chend über ihre beruf­li­chen Möglich­keiten infor­miert, kennen ihre eigenen Stärken nicht und wissen wenig über Berufs­bilder. Das führt zu einer großen Unsi­cher­heit, welche Berufe überhaupt zu ihnen passen. Deshalb gehört die ausführ­liche Berufs- und Studie­n­o­ri­en­tie­rung, verbunden mit fundierten Kennt­nissen betrieb­li­cher Abläufe und Berufs­bilder, zwingend in die Rahmen­lehr­pläne für alle Schul­formen.
Nur eine realis­ti­sche Vorstel­lung von der Berufs­welt kann zu einer fundierten Berufs­wahl­ent­schei­dung führen, die den Wünschen und Talenten der Jugend­li­chen Rechnung trägt. Hierzu ist insbe­son­dere der MINT- und Wirt­schafts­un­ter­richt besonders geeignet. Grund­sätz­lich sollte aber bei allen Schul­fä­chern eine viel stärkere Verknüp­fung zur Lebens­wirk­lich­keit der Jugend­li­chen herge­stellt werden.
Die Sinnfrage vieler Schüler, wozu man die Unter­richts­in­halte eigent­lich in der Zukunft braucht, kann immer auch für die Berufs­o­ri­en­tie­rung genutzt werden. Außerdem sollte auch den Berufs­prak­tika deutlich mehr Raum in allen Schul­formen gegeben und versucht werden, dazu auch ein Netzwerk mit der regi­o­nalen Wirt­schaft aufzu­bauen.