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Sozialabgaben

Stabile und maßvolle Lohn­ne­ben­kosten sind ein unver­zicht­barer Faktor bei der Planungs­si­cher­heit unserer Arbeits­welt. Sie schützen die Netto­ein­kommen der Arbeit­nehmer, sichern den Zusam­men­halt zwischen Beitrags­zah­lern und Leis­tungs­be­zie­hern und sind ein wichtiger Stand­ort­faktor. Im Januar 2023 hat der Gesamt­s­o­zi­a­l­ver­si­che­rungs­bei­trags­satz mit 40,45 Prozent erstmals seit 2012 die 40-Prozent-Schwelle über­schritten. Zum Juli 2023, Januar 2024 und Januar 2025 stieg der Beitrags­satz schritt­weise erneut und erreicht seitdem bei kinder­losen Arbeit­neh­mern 42,5 Prozent. Gegenüber der Zeitung Rhei­ni­sche Post sagte die Vorstands­vor­sit­zende des Spit­zen­ver­bands der Gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rungen (GKV), Doris Pfeiffer, in einem Beitrag vom Dezember 2024: „Wir schauen sorgen­voll auf die Finanz­si­tua­tion“ und fügte hinzu: „Schon heute ist klar, dass es 2026 weitere Erhö­hungen geben muss. Ohne Reformen wird der Trend auch über 2026 anhalten und der Beitrags­satz könnte 2035 gar bei 53 Prozent liegen.“

Zukunft der Sozialversicherungen / Abb.: generative KI by Midjourney
Abb.: generative KI by Midjourney

Wer die Gene­ra­ti­o­nen­ge­rech­tig­keit völlig ausblendet und eine Politik von der Hand in den Mund als nach­hal­tige Sozi­al­po­litik versteht, der muss scheitern. Wir brauchen deshalb eine ehrliche Analyse, vor allem aber trag­fä­hige Zukunfts­lö­sungen – nicht nur über die verschie­denen Sozi­a­l­ver­si­che­rungs­zweige, sondern auch über Gene­ra­ti­o­nen­grenzen hinweg. Deshalb hat die Bundes­ver­ei­ni­gung der Deutschen Arbeit­ge­ber­ver­bände eine Kommis­sion* aus Wissen­schaft und Wirt­schaft berufen, die seit Februar 2019 an Lösungen gear­beitet hat und an der auch Gesamt­me­tall beteiligt war. Die Ergeb­nisse der Kommis­sion wurden erstmals im Juli 2020 vorge­stellt. Im Februar 2025 erfolgte ein Update. Das Ergebnis: Die im Jahr 2020 erar­bei­teten Vorschläge haben bis heute – fast fünf Jahre später – nichts an Aktu­a­lität eingebüßt. Der zwischen­zeit­liche Anstieg der Beitrags­sätze und aktu­a­li­sierte Simu­la­ti­onen ihrer künftigen Entwick­lung weisen sogar auf einen noch gewach­senen Hand­lungs­be­darf hin.

Die Kommission empfiehlt insbesondere folgende Maßnahmen zur dauerhaften Begrenzung der Sozialbeiträge: 

  • Aktive Lebensphase verlängern: automatische Regelbindung der Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung
  • Abschlagsfreien vorzeitigen Renteneintritt abschaffen
  • Abschläge und Zuschläge bei vorzeitigem bzw. späteren Renteneintritt erhöhen
  • Nachhaltigkeitsfaktor verstärken
  • Nicht beitragsgedeckte Leistungen voll aus dem Bundeshaushalt finanzieren
  • Strikteres Versorgungsmanagement auf Basis von Selektivverträgen der Krankenkassen mit Ärzten und Krankenhäusern ermöglichen
  • Krankenhausbedarfsplanung ändern, monistische Krankenhausfinanzierung durch die GKV einführen und Steuermittel für die erforderlichen Investitionen bereitstellen
  • GKV-Tarife mit Versorgungsmanagement als Wahltarife anbieten und für andere GKV-Tarife einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Versicherten erheben
  • Nachhaltigkeitsfaktor bei Anpassungen der Pflegeleistungen einführen
  • Charakter der Arbeitslosenversicherung als beitragsfinanzierte Risikoversicherung stärken, unter anderem maximale Laufzeit der Ansprüche auf Arbeitslosengeld auf zwölf Monate begrenzen

Darüber hinaus empfiehlt die Kommis­sion aber auch, die Orga­ni­sa­tion der Sozi­a­l­ver­si­che­rungen neu zu gestalten. So heißt es im Abschluss­be­richt (ab Seite 77):

„Ohne eine einheit­liche Aufsicht fehlt es auch an einheit­li­chen Stra­te­gien innerhalb und an Abstim­mung zwischen den Sozi­a­l­ver­si­che­rungs­trä­gern. In der Folge werden Doppel­struk­turen geschaffen und der Sozi­a­l­ver­si­che­rung Mittel entzogen, die besser für ihre Leis­tungen ausge­geben werden sollten.“

*Die BDA-Kommis­sion ist ein Gremium aus Wissen­schaft und Wirt­schaft unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Martin Werding (Ruhr-Univer­sität Bochum), Co-Vorsit­zende ist Frau Heide Franken (ehem. Geschäfts­füh­rerin bei Randstad Deut­sch­land, ehem. BDA-Präsi­di­ums­mit­glied). Weitere Mitglieder sind: Herr Bertram Brossardt (vbw – Haupt­ge­schäfts­führer), Frau Prof. Dr. Tabea Bucher-Koenen (ZEW und Univer­sität Mannheim), Herr Prof. Dr. Michael Hüther (IW Köln), Herr Steffen Kampeter (BDA-Haupt­ge­schäfts­führer), Herr Prof. em. Dr. Dr. h.c. Wolfram Richter (Tech­ni­sche Univer­sität Dortmund), Herr Holger Schwannecke (ZDH-Gene­ral­se­kretär) und Herr Oliver Zander (Haupt­ge­schäfts­führer Gesamt­me­tall).