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Soziale Marktwirtschaft

Lange hat die Soziale Markt­wirt­schaft für Wohlstand und Wachstum gesorgt. Soziale Markt­wirt­schaft bedeutet Krisen meistern zu können. Sie verbindet die Freiheit des Marktes mit einem sozialen Ausgleich. Gerade in Krisen­si­tua­ti­onen erweist sich die Dynamik, die Markt­wirt­schaft freisetzt, als ungeheuer schlag­kräftig und wirkungs­voll. So hat in der Corona-Pandemie die viel­fäl­tige, wett­be­werbs­fä­hige Markt­wirt­schaft für die Gesell­schaft essen­zi­elle Leis­tungen erbracht. Mit der Sozialen Markt­wirt­schaft werden wir auch kommende Krisen meistern.

Soziale Marktwirtschaft

Soziale Marktwirtschaft bedeutet auch…

In der Sozialen Marktwirtschaft schafft der Staat einen Ordnungsrahmen, unter anderem für die Regelung der Arbeitsbeziehungen. Die Arbeitsbedingungen sollen von Arbeitgebern und Beschäftigten selbst bestimmt werden – ohne Einmischung des Staates. Das ist nicht nur graue Theorie, sondern hat auch Verfassungsrang erhalten. Die Tarifautonomie war damit von Anfang an eine der tragenden Säulen der Sozialen Marktwirtschaft. Und die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften stellt auch in unsicheren Zeiten ihre Handlungsfähigkeit stets neu unter Beweis.

Wirtschaftlicher Erfolg macht in der Sozialen Marktwirtschaft den sozialen Ausgleich erst möglich. Nur das, was Unternehmen und Beschäftigte erwirtschaften, kann verteilt werden. Ohne die Hunderte Milliarden Euro Steuern und Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen und ihrer Beschäftigten wäre der Sozialstaat in seiner ganzen Breite und Tiefe nicht aufrechtzuerhalten. Aber in einer sich stetig wandelnden Gesellschaft muss immer wieder neu bestimmt werden, was der Sozialstaat leisten kann und soll.

Ohne technologischen Fortschritt wären nicht nur neue und verbesserte Produkte und die Steigerung der Produktivität nicht möglich, auch die Arbeitsbedingungen würden sich nicht verbessern. Die Soziale Marktwirtschaft schafft den entsprechenden Rahmen dafür. Die M+E-Industrie – von der Dampfmaschine bis zum Cobot – ist mit ihren Innovationen ein Paradebeispiel dafür. Und die sozialen Sicherungssysteme profitieren von einem hohen Beschäftigungsgrad auf dem Arbeitsmarkt.

Unternehmen brauchen Rückenwind der Politik. Das bedeutet, dass sich der Staat so weit wie möglich zurücknehmen muss bei Bürokratie, Berichtspflichten, Vorschriften oder anderen Regelungen. Auf der anderen Seite brauchen die Unternehmen Flexibilität, beispielsweise bei der Arbeitszeit oder der Befristung. Unser Land wird sich schneller und besser erholen, wenn Eigenverantwortung, freies Unternehmertum und Leistung als Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft wieder stärker von der Politik berücksichtigt werden.

Die Soziale Marktwirtschaft soll allen Menschen in unserer Gesellschaft faire Aufstiegschancen sichern. Das ist umso wichtiger, als der Fachkräftemangel sich als eine der größten Wachstumsbremsen für die M+E-Industrie erweist. Das bedeutet maximale Anstrengungen in der Nachwuchssicherung und Fachkräftegewinnung.

Die Soziale Marktwirtschaft definiert sich über fairen Wettbewerb und Erfolg von Unternehmen und Geschäftsmodellen. Im globalen Wettbewerb stellen wir uns immer neuen Herausforderungen und Mitbewerbern. Dabei ist die exportorientierte M+EIndustrie ein Garant für den Wohlstand in unserem Land. Die beste Idee und das beste Angebot entscheiden, und nicht das Herkunftsland. Und was das Beste ist, darüber bestimmen die Kunden.

Soziale Marktwirtschaft ist manchmal simpel: Unternehmen sehen in einem Mangel eine Marktlücke und füllen diese. Gelingt es ihnen, Kunden zu überzeugen, entstehen aus Ideen Unternehmen und Arbeitsplätze. Gelingt es nicht, war die vermeintliche Marktlücke entweder keine, oder der Wettbewerb hatte bessere Angebote. Das entscheidende Wort dabei ist: Wettbewerb.

Deutschland ist dann am stärksten, wenn Innovation und Erfindergeist zusammentreffen. Und damit unser Land eine starke Industrienation bleibt, müssen wir bei neuen Technologien weltweit führend bleiben oder werden. Mit den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft wird uns dies gelingen.

Doch werden ihre Prin­zi­pien zunehmend miss­achtet. Immer mehr staat­liche Eingriffe in die Wirt­schaft und immer höhere soziale Leis­tungen haben die Balance zwischen einem freien Markt und dem sozialen Ausgleich gekippt. Nur wenn wir zu den Prin­zi­pien der Sozialen Markt­wirt­schaft zurück­kehren, können wir die gegen­wär­tige Wachs­tums­schwäche dauerhaft über­winden und nach­haltig wachsen.

Was sind die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft?

Grund­prinzip
Das markt­wirt­schaft­liche Grund­prinzip umfasst die Herstel­lung eines funk­ti­ons­fä­higen Preis­sys­tems unter Wett­be­werbs­be­din­gungen.

Primat der Währungs­po­litik
Das Preis­ni­veau sollte stabil gehalten werden, da die Impulse für die Entwick­lung des Wirt­schafts­pro­zesses von den Preisen ausgehen.

Offene Märkte
Wett­be­werb ist nur dann gesichert, wenn neue Konkur­renten den Markt betreten können. Innerhalb einer Volks­wirt­schaft bedeutet das Prinzip, dass der Staat freie Berufs­wahl, Gewer­be­frei­heit und Frei­zü­gig­keit ermög­li­chen soll.

Privat­ei­gentum
Der Wirt­schafts­pro­zess kann nur dezentral durch die Konsu­menten gelenkt werden, wenn jeder Mensch frei über sein Privat­ei­gentum und seine Hand­lungs­frei­heit verfügt.

Vertrags­frei­heit
In einer freien Markt­wirt­schaft muss es den Menschen möglich sein, Verträge gemäß ihren eigenen Wünschen und wirt­schaft­li­chen Plänen zu schließen.

Haftung
Alle Markt­teil­nehmer sollen Verant­wor­tung für ihr wirt­schaft­li­ches Handeln über­nehmen und Risiken entspre­chend abwägen.

Konstanz der Wirt­schafts­po­litik
Die Aufgabe der Wirt­schafts­po­litik ist es, verläss­liche Rahmen­be­din­gungen zu schaffen, die eine voraus­schau­ende Planung ermög­li­chen.

Mono­pol­kon­trolle
Die Wett­be­werbs­be­hörde soll aktiv gegen Monopole, Kartelle und jede Form der Behin­de­rung von Wett­be­werb vorgehen.

Einkom­mens­po­litik
Über eine progres­sive Besteu­e­rung der Einkommen soll ein von der Gesell­schaft defi­niertes minimales Einkommen für alle sicher­ge­stellt werden.

Wirt­schafts­rech­nung
Dieses Prinzip impli­ziert Lenkungs­ab­gaben („Pigou-Steuern“), die negative externe Effekte, wie Umwelt­zer­stö­rung, mit Kosten belegen und somit redu­zieren.

Anomales Verhalten des Angebots
Falls trotz sinkender Löhne eine Auswei­tung des Arbeits­an­ge­bots statt­findet – etwa weil die mate­ri­elle Not entspre­chend groß ist –, soll der Staat korri­gie­rend eingreifen und einen Mindest­lohn schaffen.

Tarif­au­to­nomie
Gewerk­schaften und Arbeit­ge­ber­ver­bände haben das Recht, Kollek­tiv­ver­träge über die Lohn- und Arbeits­be­din­gungen (Tarif­ver­träge) unab­hängig von staat­li­cher Einfluss­nahme abzu­schließen.

Subsi­dia­rität
Größt­mög­liche Eigen­ver­ant­wor­tung und Selbst­be­stim­mung der Menschen. Wo dies nicht ausrei­chend möglich ist, muss der Staat unter­stüt­zend eingreifen.

Markt­kon­for­mität
Markt­kon­form sind staat­liche Eingriffe, die den sozialen Zweck sichern, ohne dabei den Preis­me­cha­nismus zu verändern.

Äqui­va­lenz­prinzip
Die Systeme der Sozi­a­l­ver­si­che­rung werden vor allem als Instru­mente der Selbst­hilfe verstanden, deren Leis­tungs­ni­veau in engem Zusam­men­hang mit den einge­zahlten Beiträgen stehen soll. Diese Maxime ist als Äqui­va­lenz­prinzip (oder Versi­che­rungs­prinzip) bekannt.

„Nichts ist in der Regel unsozialer als der sogenannte Wohlfahrtsstaat, der die menschliche Verantwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absinken lässt.“
– Ludwig Erhard –

Wie steht es um die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft?

Viele Menschen stehen hinter der Sozialen Markt­wirt­schaft, erkennen aber nicht mehr, dass die Freiheit der Wirt­schaft die Grundlage für den Sozi­al­staat ist. Laut einer von Gesamt­me­tall in Auftrag gegebenen Studie zu deren Akzeptanz in der Bevöl­ke­rung meinen 56 Prozent, die Soziale Markt­wirt­schaft habe sich als Wirt­schafts­ord­nung in Deutschland bewährt. 14 Prozent glauben das nicht. Auch sagen 51 Prozent der Befragten, dass die Soziale Markt­wirt­schaft am besten geeignet sei, um den Wohlstand in unserem Land zu gewähr­leisten (25 Prozent stimmen nicht zu).

Aller­dings glauben nur 28 Prozent aller Befragten, dass der Staat aktuell zu viel in die Wirt­schaft eingreife, 44 Prozent halten dies für ange­messen oder sind sogar für einen noch stärkeren Eingriff des Staates. Ein ganz anderes Bild zeigt sich unter den Führungs­kräften der Wirt­schaft: Hier sagen mehr als die Hälfte (54 Prozent), dass der Staat zu viel eingreife und ihre Hand­lungs­frei­heit einschränke, nur 7 Prozent sind für ein noch stärkeres Enga­ge­ment.

Geschichte der Sozialen Marktwirtschaft

Vor 75 Jahren wurde die Soziale Markt­wirt­schaft in Deutschland einge­führt. Doch die Grund­ge­danken reichen weiter zurück. Ein Überblick:

19. Jahr­hun­dert: Indus­tri­a­li­sie­rung
Mit der rasanten tech­ni­schen Entwick­lung gehen viele soziale Probleme einher. Als Antwort auf die soge­nannte Soziale Frage entsteht die moderne Sozi­al­po­litik.

1930er: Welt­wirt­schafts­krise in Deutschland
Nach dem Börsen­crash gerät auch die deutsche Wirt­schaft ins Wanken. Viele Menschen verlieren Vermögen und Beruf.

1933 – 1945: Plan­wirt­schaft im NS-Staat
Die staatlich kontrol­lierte Wirt­schaft mit fest­ge­schrie­benen Preisen verschärft die Mangel­wirt­schaft.

1948: Die Einfüh­rung der D-Mark
Die Währungs­re­form markiert den Zeitpunkt, zu dem die Markt­wirt­schaft (wieder)einge­führt wurde und das Wirt­schafts­wunder begann.

1948: Die Gründung der Bank deutscher Länder
Als erste trizonale deutsche Insti­tu­tion ist die Bank deutscher Länder eine wichtige Voraus­set­zung für die Währungs­re­form.

1949: Das Grund­ge­setz wird verab­schiedet
Konrad Adenauer unter­schreibt am vierten Jahrestag der Kapi­tu­la­tion das Grund­ge­setz. Zentrale Säulen sind die Grund­rechte sowie die föderale Struktur.

1930er – 1950er: Die Väter der Sozialen Markt­wirt­schaft
Ludwig Erhard führte die Soziale Markt­wirt­schaft in Deutschland ein auf Grundlage der Gedanken der Ökonomen Alfred Müller-Armack und Walter Eucken.

1950er – 1960er: Wirt­schafts­wunder in West­deut­sch­land
Der rasante wirt­schaft­liche Aufschwung und der wachsende Wohlstand sind deutlich wahr­nehmbar. Neue Unter­nehmen kommen auf den Markt, die Arbeits­lo­sig­keit ist niedrig und viele deutsche Waren, wie etwa der VW-Käfer, werden zu Export­s­chla­gern.

1990: Einfüh­rung der Sozialen Markt­wirt­schaft in der DDR
Am 1. Juli 1990 übernimmt die DDR das west­deut­sche Wirt­schafts­system. Wenig später vollendet der Eini­gungs­ver­trag die deutsche Einheit.

2003: Agenda 2010
Deutschland gilt als „kranker Mann Europas“. Unter Gerhard Schröder folgen umfas­sende Reformen für den Arbeits­markt und das Sozi­al­system.

2007: Vertrag von Lissabon
Mit Artikel 3 des Vertrages von Lissabon wird die Soziale Markt­wirt­schaft als Leitbild und Ziel Teil des euro­pä­i­schen Rechts. Er tritt 2009 in Kraft.

2010er: Versechs­fa­chung der Löhne seit 1950
Die Soziale Markt­wirt­schaft erweist sich als tragfähig und sichert den Wohlstand über Jahr­zehnte.

Mit der Zukunft der Sozialen Markt­wirt­schaft beschäf­tigt sich schwer­punkt­mäßig auch eine Ausgabe der Perspek­tiven, unserem Verbands­ma­gazin.