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Überhastetes Verfahren, erwartbare Zielverfehlung und wachsende Bürokratie

Bunde­s­t­a­rift­reu­e­ge­setz

Der Arbeit­ge­ber­ver­band Gesamt­me­tall sieht im geplanten Bunde­s­t­a­rift­reu­e­ge­setz ein Gesetz mit erheb­li­chen Neben­wir­kungen: „Wer Tarif­bin­dung fördern will, sollte nicht mit zusätz­li­cher Büro­kratie abschre­cken“, erklärt der Verband. Der aktuelle Entwurf des Bundes­a­r­beits­mi­nis­te­riums drohe, gut gemeinte Ziele durch praxis­ferne Umsetzung ins Gegenteil zu verkehren.

„Das Gesetz verfehlt sein Ziel, die Tarif­bin­dung zu stärken, und erzeugt statt­dessen einen erheb­li­chen büro­kra­ti­schen Mehr­auf­wand – insbe­son­dere auch für kleine und mittel­stän­di­sche Unter­nehmen“, erklärt Gesamt­me­tall. „Die geplanten Rege­lungen führen zu einer inef­fi­zi­enten, teureren und lang­sa­meren Verga­be­praxis bei öffent­li­chen Aufträgen in Zeiten einer beispiel­losen Wirt­schafts­krise und maroder Infra­s­truktur, die schnell erneuert werden muss. Es drohen zudem Perso­na­l­aufbau im öffent­li­chen Dienst, Rechts­un­si­cher­heit und Mehr­kosten für den Steu­er­zahler bei öffent­li­chen Aufträgen.“

Besonders kritisch sieht Gesamt­me­tall die vorge­se­hene Verdrän­gung beste­hender Haus­ta­rif­ver­träge durch flächen­de­ckende Tarift­reue­vor­gaben. „Unter­nehmen, die bereits tarif­ge­bunden sind, werden durch zusätz­liche Berichts­pflichten und Umstel­lungs­auf­wand faktisch bestraft“, so die Einschät­zung. Auch die geplante Auswei­tung der Tarift­reue­pflichten auf Nach­un­ter­nehmer schaffe neue Unsi­cher­heiten und erhöhe den admi­nis­tra­tiven Aufwand erheblich.

Zudem bestünden erheb­liche Zweifel an der Verein­bar­keit des Gesetzes mit euro­pä­i­schem Recht. Die geplanten Tarift­reue­pflichten griffen tief in die Nieder­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ein. Ein Vertrags­ver­let­zungs­ver­fahren gegen die Bundes­re­pu­blik Deut­sch­land sei damit vorpro­gram­miert.

Dass den Verbänden für eine Stel­lung­nahme eine Frist von gerade einmal drei Tagen einge­räumt werde, obwohl der Koali­ti­ons­ver­trag Regel­fristen von vier Wochen zusage, sei im Vergleich dazu beinahe neben­säch­lich, passe aber ins Bild.

Gesamt­me­tall fordert daher drei zentrale Nach­bes­se­rungen:

  1. Eine gesetzlich klar verankerte Evaluierungspflicht, um die tatsächlichen Auswirkungen auf Vergabeverfahren, Bürokratie, Kosten und Tarifbindung zeitnah zu überprüfen.
  2. Eine gesetzliche Klarstellung zur Gleichstellung von Haustarifverträgen sowie eine Berücksichtigung regionaler Tarifstrukturen, um unnötige Doppelregulierungen und Umsetzungsprobleme zu vermeiden.
  3. Eine deutliche Anhebung der Schwellenwerte, ab denen das Gesetz greift – analog zu den jüngsten Reformen in den Bundesländern Thüringen und Sachsen-Anhalt. Dort soll mit der Anhebung der Schwellenwerte eine Beschleunigung der Vergaben erreicht werden.

„Wenn das Gesetz schon kommen soll, dann muss es wenigs­tens prak­ti­kabel sein“, so das Fazit von Gesamt­me­tall. „Was wir brauchen, ist weniger Büro­kratie – nicht mehr.“