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Ansichtspostkarte der Voßstraße in Richtung Wilhelmplatz, um 1905; © Stiftung Stadtmuseum Berlin

Die Geschichte von Gesamt­me­tall Historie

134 Jahre Gesamtmetall

Das 20. Jahr­hun­dert gilt gemeinhin als „Jahr­hun­dert der Verbände“ (Theodor Eschen­burg). In diesem Sinne war der „Verband Deutscher Metall­in­dus­tri­eller“, bereits am 19. März 1890 gegründet, schon damals ein Vorreiter.

Die Gründung ging einher mit dem steilen wirt­schaft­li­chen Aufstieg des Deutschen Reichs im letzten Viertel des 19. Jahr­hun­derts. Entschei­dende Impulse dazu lieferte die metall­ver­a­r­bei­tende Industrie. Dabei kam es immer wieder zu sozialen Ausein­an­der­set­zungen. Um sich gegen Streiks wirksamer wehren zu können, wurden deshalb in vielen Indus­trie­zweigen regionale Arbeit­ge­ber­ver­bände gegründet.

Die Politik plante jedoch, Streiks und Aussper­rungen durch Einfüh­rung einer staat­li­chen Zwangs­sch­lich­tung zu beenden – und damit in die Gestal­tung der Arbeits­be­din­gungen hinein­zu­re­gieren. Diesem Ansinnen wollten die metall­in­dus­tri­ellen Arbeit­geber durch die Gründung eines Spit­zen­ver­bandes begegnen. Sie wollten zeigen, dass eine straff koor­di­nierte Strei­k­ab­wehr den Eingriff des Staates über­f­lüssig macht. Hinzu kommt, dass auf Seiten der Gewerk­schaften, die sich nach dem Auslaufen des Sozi­a­lis­ten­ge­setzes 1890 wieder etablieren durften, auch reichs­weite Struk­turen abzeich­neten. Diesen sollte auf Arbeit­ge­ber­seite mit einem Spit­zen­ver­band ein Pendant gegen­über­ge­stellt werden.

Am 19. März 1890 erfolgte die Gründung des Verbandes Deutscher Metall­in­dus­tri­eller als ein Verband der Verbände, zu dem zunächst fünf regionale Verbände (aus Berlin, Braun­schweig, Hannover, Leipzig und Magdeburg) gehörten. Im Verlauf des Jahres schlossen sich fünf weitere Metall­a­r­beit­ge­ber­ver­bände dem neuen Spit­zen­ver­band an.

Das spätere Kern­ge­schäft, die Koor­di­nie­rung der Tarif­po­litik, spielte noch gar keine Rolle. Verhand­lungen mit Gewerk­schaften über Flächen­ta­rif­ver­träge wurden grund­sätz­lich abgelehnt. Erst ab 1906 betei­ligte sich der Gesamt­ver­band an regi­o­nalen Tarif­ver­hand­lungen mit dem Ziel, durch abge­stimmtes Verhalten bessere Ergeb­nisse zu erzielen.

Den neutralen Boden, auf dem beide Seiten zusam­me­n­a­r­beiten konnten, bildete die Bisma­rck­sche Sozi­al­ge­setz­ge­bung. Mit Hilfe ihrer Orga­ni­sa­ti­onen konnten Gewerk­schaften und Arbeit­geber ihre Verant­wor­tung für die Arbeits­be­zie­hungen im Betrieb gegen jeden Eingriff von außen vertei­digen. Das war die Voraus­set­zung für die spätere Tarif­au­to­nomie. Staat­liche Zwangs­sch­lich­tungen waren damit ausge­schaltet.

Um dem Bestreben, die gesamte Metall­in­dus­trie des Deutschen Reichs zu einigen, beson­deren Ausdruck zu verleihen, beschloss die erste Mitglie­der­ver­samm­lung des Verbandes am 9. Juni 1890 in Berlin, dass die Verei­ni­gung fortan den Namen „Gesammt-Verband Deutscher Metall-Indus­tri­eller“ führen sollte.

Der erste „Gesamt­me­tall-Vorsit­zende“ war der Berliner Metall­in­dus­tri­elle Paul Heckmann, Mitin­haber eines Kupfer­wa­lz­werkes. Heckmann beschränkte sich nicht auf seine Tätigkeit als Indus­tri­eller. Er war Ältester der Berliner Kauf­mann­s­chaft und später Vize­prä­si­dent der Handels­kammer von Berlin. Sitz des Verbandes war die Reichs­haupt­stadt Berlin. Die erste Reprä­sen­tanz lag in der Schle­si­schen Straße 25, gegenüber dem Heck­mann­schen Betrieb.

Der Gesamt­ver­band hat seit seiner Gründung immer wieder zukunfts­wei­sende Initia­tiven ergriffen und mit den Unter­nehmen der Metall- und Elektro-Industrie verwirk­licht. Der Aufbau einer privaten Arbeits­ver­mitt­lung in den neunziger Jahren des 19. Jahr­hun­derts für die Verbands­mit­glieder ist hier ebenso zu nennen wie die Förderung der indus­tri­ellen Berufs­aus­bil­dung noch vor dem Ersten Weltkrieg.

Von größter Bedeutung für ganz Deut­sch­land war es, daß sich 1918 Vertreter der Metall­in­dus­trie mit den Gewerk­schaften zusam­men­fanden und sich über die grund­sätz­li­chen Fragen einer Wirt­schafts- und Sozi­a­l­ver­fas­sung Deut­sch­lands verstän­digten.

Sie führten den 8-Stunden-Tag ein, konzi­pierten die Betriebs­ver­fas­sung und bekannten sich zur Tarif­au­to­nomie. Sie schufen die Voraus­set­zung dafür, daß auch in der Weimarer Republik die markt­wirt­schaft­liche Ordnung im wesent­li­chen unan­ge­tastet blieb. Im Zusam­men­spiel mit den Gewerk­schaften wurde das Tarif­system der Weimarer Republik entwi­ckelt und prak­ti­ziert, lange bevor das Wort von der Sozi­al­part­ner­schaft geboren war.

1933 war das schwär­zeste Jahr von Gesamt­me­tall. Die Zerschla­gung der Gewerk­schaften durch die faschis­ti­schen Macht­haber trieb die funk­ti­onslos gewor­denen Arbeit­ge­ber­ver­bände in die Selbst­auf­lö­sung.

Nach dem Ende des Zweiten Welt­krieges waren es nicht zuletzt die wieder­er­stan­denen Arbeit­ge­ber­ver­bände der Metall- und Elektro-Industrie, die sich früh­zeitig für die Einfüh­rung der damals noch heftig umstrit­tenen Sozialen Markt­wirt­schaft einsetzten.

Mit dem Abschluß des ersten Schlich­tungs- und Schied­s­ab­kom­mens zwischen der IG Metall und Gesamt­me­tall im Jahre 1955 erteilten Arbeit­geber und Gewerk­schaften jeder staat­li­chen Einmi­schung in ihre eigen­ver­ant­wort­liche Regelung der Arbeits­be­zie­hungen eine klare Absage.

Am 27. September 1990 wurde dann die deutsche Einheit auch bei den Arbeit­ge­ber­ver­bänden vollzogen, als sich die vier neuge­grün­deten ostdeut­schen Metall-Landes­ver­bände Gesamt­me­tall anschlossen.

Im Jahr 2003 ist Gesamt­me­tall von Köln zurück an den histo­ri­schen Sitz gezogen, nach Berlin-Mitte. Dieser Umzug in ein eigenes Haus erfolgte, um die Inter­essen der Mitglieder gegenüber Politik, Öffent­lich­keit und anderen Verbänden besser wahr­nehmen zu können.

2005 hat sich Gesamt­me­tall mit einer Satzungs­än­de­rung auch für Verbände ohne Tarif­bin­dung geöffnet. Der neue Name – „Gesamt­me­tall – die Arbeit­ge­ber­ver­bände der Metall- und Elektro-Industrie“ – spiegelt dieses Selbst­ver­ständnis wider.

Am 19. März 2015 wurde Gesamt­me­tall 125 Jahre alt und hat dies am 12. Juni mit einem großen Festakt in Berlin in Anwe­sen­heit von Bundes­prä­si­dent Joachim Gauck gefeiert.

Verbands­ge­schichte

  • 1890

    Der „Verband Deutscher Metall­in­dus­tri­eller“ wird in Berlin als ein Verband der Verbände gegründet. Das spätere Kern­ge­schäft, die Koor­di­nie­rung der Tarif­po­litik, spielte zunächst keine Rolle. Der erste „Gesamt­me­tall-Vorsit­zende“ nach der Gründung am 19. März war der Berliner Metall­in­dus­tri­elle Paul Heckmann. Die Verbands­re­prä­sen­tanz lag in der Schle­si­schen Straße, gegenüber dem Heck­mann­schen Betrieb. In seine Amtszeit bis 1910 fiel vor allem das Werben um die Gründung und den Anschluss von regi­o­nalen Mitglieds­ver­bänden, die ursprüng­lich zur Strei­k­ab­wehr entstanden waren, an den nati­o­nalen Spit­zen­ver­band.

  • 1891

    Einen ersten verbind­li­chen Rahmen von Vorschriften zu den Arbeits­ab­läufen und zur allge­meinen Sicher­heit in den Betrieben bot die „Normal-Arbeits­ord­nung des Gesamt­ver­bandes. Sie wurde den Betrieben der Mitglieds­ver­bände zur Einfüh­rung empfohlen. Damals wurden die meisten Arbeits­schritte im Betrieb selbst ausge­führt.

  • 1911

    Anton von Rieppel war einer der Grün­dungs­väter des MAN-Konzerns und führte den Verband von 1911 bis 1919 durch die schwere Zeit des Ersten Welt­krieges. Für ihn hatten nur große und feste Orga­ni­sa­ti­onen genug Schlag­kraft zur Inter­es­sen­durch­set­zung. Er setzte die Eini­gungs­a­r­beit konse­quent fort und initi­ierte die Gründung von Landes­ver­bänden. In seine Amtszeit fiel auch das Stinnes-Legien-Abkommen 1918, welches die Grund­lagen des Flächen­ta­rif­ver­trags­sys­tems legte.

  • 1918

    Mit dem Stinnes-Legien-Abkommen verstän­digten sich Vertreter der Metall­in­dus­trie mit den Gewerk­schaften über die grund­sätz­li­chen Fragen einer Wirt­schafts- und Sozi­a­l­ver­fas­sung in der Weimarer Republik.

  • 1920

    Eine prägende Gestalt der erschüt­te­rungs­rei­chen Weimarer Republik – Ernst von Borsig setzte sozi­al­po­li­ti­sche Maßstäbe und enga­gierte sich für eine fundierte Berufs­aus­bil­dung, die heute als Vorbild gilt: „Die Ausbil­dung muss auf eine Höhe gebracht werden, die es ermög­licht, einen Quali­täts­a­r­beiter heran­zu­ziehen, der mithelfen kann, den Ruf deutscher Arbeit im Ausland Geltung zu verschaffen und ihn zu erhalten.“ Seine Amtszeit dauerte bis 1933.

  • 1933

    Die Tarif­au­to­nomie hatte in der staatlich gelenkten und gleich­ge­schal­teten Wirt­schaft des Dritten Reichs keinen Platz. Bis zum 13. Dezember 1933 amtierte Rudolf Blohm, Mitin­haber der Werft Blohm & Voss, als kommis­sa­ri­scher Vorsit­zender des Verbandes. Er leitete jene Mitglie­der­ver­samm­lung, in welcher der einstim­mige Auflö­sungs­be­schluss unter dem massiven Druck der Nati­o­nal­so­zi­a­listen gefasst wurde.

  • 1949

    Die Tarif­au­to­nomie von Gewerk­schaften und Arbeit­ge­ber­ver­bänden wird im Grund­ge­setz fest­ge­schrieben. Gesamt­me­tall wurde am 25. März (wieder) gegründet, der Neuaufbau verband­li­cher Struk­turen beginnt. Die Wieder­grün­dung des Gesamt­ver­bandes und das Aufleben des Tarif­we­sens im Wirt­schafts­wunder sind eng verknüpft mit dem Namen Hans Bilstein. Der saue­r­län­di­sche Auto­mo­bil­zu­lie­ferer war auch Verhand­lungs­führer beim Abschluss des ersten Schlich­tungs- und Schied­s­ab­kom­mens mit der IG Metall 1955: Jeder staat­li­chen Einmi­schung in die eigen­ver­ant­wort­liche Regelung der Arbeits­be­zie­hungen wurde eine Absage erteilt. Seine Amtszeit währte bis 1959.

  • 1953

    Als Ausdruck sozi­al­po­li­ti­scher Soli­da­rität unter den Unter­nehmen wird die Gefah­ren­ge­mein­schaft zur gegen­sei­tigen finan­zi­ellen Unter­stüt­zung bei der Abwehr von Streiks gegründet.

  • 1955

    Der Abschluss des ersten Schlich­tungs- und Schied­s­ab­kom­mens mit der IG Metall erteilte jeder staat­li­chen Einmi­schung in die eigen­ver­ant­wort­liche Regelung der Arbeits­be­zie­hungen eine klare Absage.

  • 1958

    Mit der Euro­pä­i­schen Wirt­schafts­ge­mein­schaft inten­si­vierte sich die Koope­ra­tion der Metall­a­r­beit­ge­ber­ver­bände. Dem Comité des Liason des Indus­tries Meta­li­ques Euro­peenes tritt auch Gesamt­me­tall bei.

  • 1959

    Bei der Wahl von Dr.-Ing. Ludwig Caemmerer zum Vorsit­zenden war absehbar, dass dieser die Aufgabe wegen seines Alters nur für eine kurze Zeit innehaben würde. Er setzte den von Hans Bilstein einge­schla­genen Weg sozi­al­part­ner­schaft­li­cher Verstän­di­gung fort und forcierte die Reform der inner­ver­band­li­chen Orga­ni­sa­tion und Meinungs­bil­dung, vor allem durch die Verstär­kung der tarif­po­li­ti­schen Koor­di­na­tion durch Gesamt­me­tall. Er amtierte bis 1961.

  • 1961

    Mit dem Amts­an­tritt des nieder­rhei­ni­schen Maschi­nen­fa­bri­kanten Herbert van Hüllen fand nicht nur ein Gene­ra­ti­ons­wechsel statt. Mit dem zunehmend unruhigen sozi­al­po­li­ti­schen Klima erweitern sich auch die Schwer­punkte von Gesamt­me­tall, um „ein einheit­li­ches Vorgehen der Mitglieds­ver­bände in allen Fragen von allge­meinem Interesse zu sichern“, wie es in der Satzung hieß. Die Geschäfts­stelle wurde ausgebaut. Herbert van Hüllen stand bis 1976 an der Spitze von Gesamt­me­tall.

  • 1962

    Unter­nehmen sind nur dann erfolg­reich, wenn sie ihre Produk­ti­ons­me­thoden ständig moder­ni­sieren. Deshalb gründete die Mitglie­der­ver­samm­lung von Gesamt­me­tall 1962 das Institut für ange­wandte Arbeits­wis­sen­schaft e.V. (ifaa). Es entwi­ckelt praxis­ge­rechte Lösungen für eine wett­be­werbs­fä­hige Arbeits- und Betriebs­or­ga­ni­sa­tion.

  • 1977

    Mit Dr. Wolfram Thiele stand wieder ein MAN-Vorstand, aber erstmals ein Präsident an der Spitze. Die Mitglie­der­ver­samm­lung hatte die Bildung eines Präsi­diums beschlossen. Seine Amtszeit bis 1985 war geprägt von einer Achter­bahn­fahrt: Extrem hohen Wachs­tums­raten folgten Jahre mit sinkender Produk­tion. Auch der Vertei­lungs­kon­flikt mit der IG Metall erhielt durch die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche eine neue Qualität.

  • 1984

    Der soge­nannte Leber-Kompro­miss von 1984 bot den Unter­nehmen erstmals die Möglich­keit, ihr Arbeits­zeit­vo­lumen zu variieren und modernen Produk­ti­onss­truk­turen gerecht zu werden. Der Kompro­miss basierte auf dem „Tausch“: Weniger Wochen­a­r­beits­zeit gegen mehr Flexi­bi­lität.

  • 1985

    Das Thema Arbeits­zeit konnte erst in der Präsi­dent­schaft von Dr. Werner Stumpfe (bis 1992), Vorstand der Mannes­mann Demag AG, befriedet werden: Die Wochen­a­r­beits­zeit wurde mit Lohn­aus­gleich weiter verkürzt, im Gegenzug wurde die Arbeits­zeit­ge­stal­tung spürbar flexi­bi­li­siert. Mit der Wieder­ver­ei­ni­gung rückte der Neuaufbau von Verbandss­truk­turen in Ostdeut­sch­land in den Fokus.

  • 27.09.1990

    Die vier neu gegrün­deten ostdeut­schen Metall-Landes­ver­bände schließen sich Gesamt­me­tall an. Damit wurde die deutsche Einheit auch bei den Arbeit­ge­ber­ver­bänden vollzogen.

  • 1992

    Mit Dr. Hans-Joachim Gottschol, geschäfts­füh­render Gesell­schafter der Gottschol-Aluminium GmbH in Ennepetal im südlichen Ruhr­ge­biet, übernahm wieder ein Mittel­ständler bis 1996 die Verbands­füh­rung. In die schwie­rige wirt­schaft­liche und tarif­po­li­ti­sche Zeit der Nach­wen­de­jahre fiel auch die Debatte um die Rückkehr des Verbandes von Köln nach Berlin.

  • 1996

    In Perso­nal­union von Ehren- und Hauptamt hat Dr. Werner Stumpfe den Verband zum zweiten Mal bis 2000 und in einer kriti­schen Phase gelenkt. Mit bundes­weiten Struk­turen von Verbänden ohne Tarif­bin­dung wurde die Möglich­keit geschaffen, Firmen zu halten, die sich sonst komplett verab­schiedet hätten. Gleich­zeitig legte er mit der ange­bo­tenen „Neuen Part­ner­schaft“ die Grundlage für einen konstruk­ti­veren Dialog mit der IG Metall.

  • 2000

    Für den mittel­stän­di­schen Wäsche­rei­technik-Unter­nehmer Martin Kanne­giesser aus dem west­fä­li­schen Vlotho galt es, die betrieb­liche Wirk­lich­keit in allen Facetten auf den Flächen­ta­rif­ver­trag zu über­tragen – nicht umgekehrt. In seine Amtszeit bis 2012 fielen mit der Gründung der Metall­Rente, dem ERA-Tarif­ver­trag und Pforz­heimer Abkommen, dem flexiblen Renten-Übergang und dem Krisen­ta­rif­ver­trag wegwei­sende Entschei­dungen.

  • 2001

    Das von den Sozi­al­part­nern getragene Bran­chen­ver­sor­gungs­werk Metall­Rente wird gegründet und entwi­ckelt sich binnen kurzem zur größten Einrich­tung ihrer Art in Deut­sch­land. Bereits zur Jahr­hun­dert­wende 1900 beschäf­tigte sich der Gesamt­ver­band mit dem Thema Alters­vor­sorge: Überlegt wurde, für alle M+E-Mita­r­beiter eine Lebens­ver­si­che­rung sowie eine gemein­same Pensions- und Unter­stüt­zungs­kasse anzu­bieten – zu vorteil­haften Groß­kunden-Tarifen.

  • 2002

    Die Lohn­rah­men­ta­rif­ver­träge für Arbeiter und die Gehalts­rah­men­ta­rif­ver­träge für Ange­stellte werden zu einem gemeinsam geltenden Entgel­t­rah­men­ta­rif­ver­trag (Fach­sprache: ERA) zusam­men­ge­führt.

  • 2003

    Nach fast 50 Jahren in Köln zog der Verband nach Berlin um – an den Ort der einstigen Gründung. Am Potsdamer Platz wird ein neues Gebäude auf histo­ri­schem Boden bezogen.

  • 25.02.2004

    Mit dem rich­tung­wei­senden Pforz­heimer Abkommen wurde der Flächen­ta­rif­ver­trag moder­ni­siert und flexi­bi­li­siert. Über­be­trieb­liche Notwen­dig­keiten können einfacher in Einklang gebracht werden.

  • 2010

    Der Krisen­ta­ri­f­ab­schluss zeigte die besondere Verant­wor­tung der Sozi­al­partner. In der bis dahin größten Rezession der Nach­kriegs­ge­schichte wurden mehr als 800.000 Arbeits­plätze gesichert und die Real­ein­kommen stabi­li­siert.

  • 2012

    Für den geschäfts­füh­renden Gesell­schafter der Prominent GmbH in Heidel­berg, Dr. Rainer Dulger, waren die Bewahrung der Flexi­bi­lität der M+E-Unter­nehmen und die Moder­ni­sie­rung des Flächen­ta­rif­ver­trags wichtige Anliegen. Seine Amtszeit bis 2020 prägten lange Jahre wirt­schaft­li­cher Prospe­rität. Erstmals seit der Wieder­ver­ei­ni­gung wurde 2018 die Marke von vier Millionen M+E-Beschäf­tigten wieder über­troffen. Erst der Beginn der Corona-Krise brachte diese Entwick­lung zum Still­stand.

  • 19.03.2015

    Der Arbeit­ge­ber­ver­band Gesamt­me­tall wird 125 Jahre alt und feiert dies mit einem großen Festakt in Berlin in Anwe­sen­heit von Bundes­prä­si­dent Joachim Gauck.

  • 2018

    30 Jahre mobile Berufs­in­for­ma­tion: Mehr als sechs­ein­halb Millionen Besucher, die meisten davon Schü­le­rinnen und Schüler, haben seit 1988 die Info­Mo­bile und InfoTrucks der Metall- und Elektro-Industrie besucht.

  • 15.11.2018

    100 Jahre Stinnes-Legien-Abkommen: Mit der wegwei­senden Einigung erkannten sich Arbeit­ge­ber­ver­bände und Gewerk­schaften gegen­seitig an – die eigent­liche Geburts­stunde des heutigen Tarif­sys­tems und der Tarif­au­to­nomie.

  • 26.11.2020

    Seit dem 26. November 2020 ist Dr. Stefan Wolf, Vorstands­vor­sit­zender des Auto­mo­bil­zu­lie­fe­rers Elring­Klinger AG, Präsident von Gesamt­me­tall. Der mittel­stän­di­sche Unter­nehmer ist bereits seit langem ehren­amt­lich in den M+E-Verbänden engagiert und war zuvor Vorsit­zender von Südwest­me­tall. Zudem ist er Mitglied im Vorstand des Verbandes der Auto­mo­bil­in­dus­trie (VDA).

  • 2020

    Die Corona-Pandemie stellte die Tarif­runde 2020 unter besondere Heraus­for­de­rungen. Am Ende konnte ein Lösungs­an­satz für die aktuellen Probleme, wie Kurz­a­r­beit und Kinder­be­treuung im Lockdown, gefunden werden – und zwar ohne nennens­werte Mehr­kosten für die Betriebe und mit Planungs­si­cher­heit für die Beschäf­tigten.

  • 01.06.2021

    In Berlin/Bran­den­burg und Sachsen wird erstmals eine Öffnung für Betriebe zur Anglei­chung der Arbeits­zeit in Ost und West verein­bart. Die Betriebe können damit frei­willig unter Verein­ba­rung einer Kompen­sa­tion die Arbeits­zeit von 38 auf 35 Stunden absenken.

  • 2023

    Welche poli­ti­schen Konzepte gibt es, um die Soziale Markt­wirt­schaft zu stärken, unser Land zu moder­ni­sieren und wett­be­werbs­fähig für die Zukunft zu gestalten? Das war das Thema des ersten Tags der Metall- und Elektro-Industrie – mit viel poli­ti­scher Prominenz. Die neue Veran­stal­tungs­reihe soll künftig jedes Jahr statt­finden.

Ahnengalerie

Die meisten Bilder stammen aus der Chronik „100 Jahre Gesamt­me­tall“ von Luitwin Mallmann (1990). Das Foto von Anton von Rieppel ist aus dem histo­ri­schen Archiv der MAN AG Augsburg, das Foto von Ernst von Borsig von ullstein bild – Süddeut­sche Zeitung Photo/Scherl.

Paul Heckmann

1890 – 1910: Paul Heckmann

Mitin­haber eines Kupfer­wa­lz­werkes

Anton von Rieppel

1911 – 1919: Anton von Rieppel

MAN

Ernst von Borsig

1920 – 1933: Ernst von Borsig

Borsig­werke

Rudolf Blohm

1933: Rudolf Blohm

(Komm. Vors.) Blohm und Voss

Hans Bilstein

1949 – 1959: Hans Bilstein

August Bilstein

Dr. Ludwig Caemmerer

1959 – 1961: Dr. Ludwig Caemmerer

Hilger AG

Herbert van Hüllen

1961 – 1976: Herbert van Hüllen

Becker und van Hüllen

Wolfram Thiele

1977 – 1985: Dr. Wolfram Thiele

MAN Gute­hoff­nungs­hütte AG

Dr. Werner Stumpfe

1985 – 1991: Dr. Werner Stumpfe

Mannes­mann Demag AG

Hans-Joachim Gottschol

1992 – 1996: Dr. Hans-Joachim Gottschol

Gottschol Aluminium GmbH

Dr. Werner Stumpfe

1996 – 2000: Dr. Werner Stumpfe

geschäfts­füh­render Präsident

Martin Kannegießer

2000 – 2012: Martin Kanne­giesser

Herbert Kanne­giesser GmbH

Dr. Rainer Dulger

2012 – 2020: Dr. Rainer Dulger

ProMinent GmbH

Dr. Stefan Wolf

seit 2020: Dr. Stefan Wolf

vormals Elring­Klinger AG

1890: Julius Rose
1891 – 1894: Bobertag
1895 – 1897: Dr. Max Vosberg-Rekow

Keine Fotos vorhanden

Dr. Karl Grabenstedt

1904 – 1928: Dr. Karl Graben­s­tedt

Dr. Heinz Lotz

1928 – 1933: Dr. Heinz Lotz

Wilhelm Heider

1949 – 1954: Wilhelm Heider

Max Ihn

1954 – 1957: Max Ihn

Dr. Otto Vielhaber

1957 – 1958: Dr. Otto Vielhaber

Günther Wieland

1958 – 1968: Günther Wieland

Dr. Dieter Kirchner

1968 – 1996: Dr. Dieter Kirchner

Dr. Werner Stumpfe

1996 – 2000: Dr. Werner Stumpfe

Dr. Hans Werner Busch

2000 – 2005: Dr. Hans Werner Busch

Dr. Heike Maria Kunstmann

2005 – 2008: Dr. Heike Maria Kunstmann

Dr. Ulrich Brocker

2008 – 2010: Dr. Ulrich Brocker

Gabriele Sons

2010 – 2012: Gabriele Sons

Oliver Zander

seit 2013: Oliver Zander

Die Voßstraße 16

Als am 19. März 1890, einen Tag vor Bismarcks Rücktritt, der „Verband Deutscher Metall­in­dus­tri­eller“ in Berlin gegründet wurde, befanden sich die Eigen­tümer der Voßstraße 16 auf einer Reise in Rom. Damals ahnte noch niemand, dass Verband, Adresse und in gewisser Weise auch die Nach­fahren der ehema­ligen Besitzer über hundert Jahre später, nach einschnei­denden welt­his­to­ri­schen Ereig­nissen, zusam­men­kommen würden.

Rund 20 Jahre vor der Verbands­grün­dung wurde das Deutsche Kaiser­reich prokla­miert, und damit beginnt auch die Geschichte des Grund­s­tücks. Ungefähr in den heutigen Grenzen erscheint es erstmals in einem Plan der Deutschen Bau-Gesell­schaft von 1871, der den Bau einer „Neuen Strasse“ im Regie­rungs­viertel zwischen der Wilhelm­straße und König­grät­zer­straße (heute: Ebert­straße), auf dem ehema­ligen Voß’schen Gelände vorsah.

Am 22. April 1872 erwarb der Privat­ban­kier Friedrich Meyer (1820-1881) das Grund­s­tück Nr. 16 (zuerst als 15, dann 15a gezählt) und ließ darauf im Stil der italie­ni­schen Neore­nais­sance eine Villa errichten. Der Einzug der Familie und des Bank­hauses E. J. Meyer erfolgte 1875.

Das Erbe des Bankiers übernahm sein Sohn, der Germanist Richard M. Meyer (1860-1914). Er und seine Frau Estella (1870-1942) führten ein gesel­liges und künst­le­ri­sches „offenes Haus“, in dem – Ange­hö­rige des Hochadels ausge­nommen – regel­mäßig Reprä­sen­tanten aus Wirt­schaft, Wissen­schaft und Kultur verkehrten. 1914 erlitt diese Blüte der Gesel­lig­keit mit Meyers Tod einen jähen Einbruch.

Das für die Vertreter der Metall­in­dus­trie zukunfts­wei­sende Jahr 1918 brachte für die Familie den allmäh­li­chen Nieder­gang: ein Sohn fiel vor Verdun, die Nach­wir­kungen des Ersten Welt­kriegs, Rezession und Inflation in den 1920er Jahren bedeu­teten erheb­liche Einbußen für das vormals immense Vermögen, mehr und mehr Partien des Hauses wurden vermietet.

Die Macht­er­grei­fung durch die Nati­o­nal­so­zi­a­listen führte noch 1933 zur Selbst­auf­lö­sung des Arbeit­ge­ber­ver­bandes, bedeutete aber für die Familie erst den Anfang der Repres­si­onen: Bereits 1936 wurden Meyers zum Verkauf des Grund­s­tücks gezwungen, da die gesamte Nordseite der Voßstraße dem Neubau der Reichs­kanzlei weichen musste. Als eines der letzten Gebäude wurde die Meyer’­sche Villa 1938 abge­rissen. Doch auch von der 1939 einge­weihten Neuen Reichs­kanzlei blieben nach Kriegs­ende nur Ruinen – Meyers über­lebten die Juden­ver­fol­gung in Berlin, mussten nach Kriegs­ende mehrere Jahre in Flücht­lings­la­gern verbringen und ließen sich schließ­lich in Hessen nieder.

Berlins alte Mitte mit dem Regie­rungs­viertel fand sich im sowje­ti­schen Sektor. Die restliche Bausub­stanz von Alter und Neuer Reichs­kanzlei wurde abge­tragen, 1959 das gesamte Gelände einge­ebnet und die Stahl­be­tontrümmer und Bunke­r­an­lagen durch einen „Hügel“ übererdet, der nach dem Bau der Mauer 1961 im so genannten „Todes­streifen“ lag. Wo einst das Macht­zen­trum des Deutschen Reiches gewesen war, befand sich nun ein Vakuum.

Im November 1989 wurde die Mauer an der Leipziger Straße geöffnet, wenige hundert Meter von der einstigen Voßstraße Nr. 16 entfernt. Das aus den Akten der 1930er Jahre rekon­stru­ier­bare Grund­s­tück wurde 1999 an die Erben­ge­mein­schaft Meyer zurück­ge­geben und von dieser an die Züblin Projekt­ent­wick­lung verkauft. Der Arbeit­ge­ber­ver­band Gesamt­me­tall erwarb das noch im Bau befind­liche Objekt und bezog es im Herbst 2003. Die „Villa Voß“ knüpft in vielerlei Hinsicht – nicht nur in der Namens­ge­bung – an eine Tradition an, die 70 Jahre zuvor gewaltsam zerstört worden ist. Die Nummer 16 befindet sich erneut in einer exklu­siven und politisch zentralen Lage.

Mit dem neuen Verbands­sitz, gleich neben dem Potsdamer Platz und nur wenige Minuten vom Bran­den­burger Tor entfernt, ist Gesamt­me­tall an seinen histo­ri­schen Grün­dungsort zurück­ge­kehrt:

„Es ist aber weniger die Erin­ne­rung an die Vergan­gen­heit als vielmehr die Gestal­tung der Zukunft, die uns antreibt und uns den Weg nach Berlin gewiesen hat. Die räumliche Nähe zu den anderen Spit­zen­ver­bänden, zu den Schalt­stellen der Politik und zu den Medien der Haupt­stadt wird wieder herge­stellt. Auf diesen kurzen Wegen ist der unkom­pli­zierte und rasche Austausch der Ideen und Gedanken möglich, der für eine effektive Arbeit unseres Verbandes uner­läss­lich ist.“
(Martin Kanne­giesser, Ehren­prä­si­dent von Gesamt­me­tall, anläss­lich der Einwei­hungs­feier 2003)

Aus dem Architekturführer „Gesamtmetall Villa Voß Berlin“ von Cornelia Dörries

„Wo einst die Villa Voß, die namens­ge­bend für die Straße war, stand, erhebt sich nun ein Büro­ge­bäude, das den Arbeit­ge­ber­ver­band Gesamt­me­tall beher­bergt. Entworfen wurde es vom Berliner Archi­tekten Walter A. Noebel, der durch geschickte Vor- und Rück­sprünge Terrassen und Erker für die Geschäfts­räume entstehen ließ. Der kleine Garten hinter dem Gebäude dient nicht nur als Ort der Ruhe, hier finden auch Veran­stal­tungen statt. Gesamt­me­tall hat mit diesem schlichten Gebäude seinen Platz im Zentrum Berlins gefunden.“