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Auslandsentsendung

In den letzten Jahren wurden die arbeits- und sozi­a­l­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Vorgaben für die Entsen­dung von Beschäf­tigten in einen anderen EU-Mitglied­s­taat so verschärft, dass der Aufwand für Unter­nehmen in keinem vernünf­tigen wirt­schaft­li­chen Verhältnis mehr steht. Schon die Durch­set­zungs-Richt­linie zur Entsende-Richt­linie (2014/67/EU), die bis 2016 in nati­o­nales Recht umgesetzt werden musste, hat zu einem wahren Flick­en­tep­pich an unter­schied­lichsten nati­o­nalen Melde- und Doku­men­ta­ti­ons­pflichten für Arbeit­geber geführt. Darüber hinaus muss jeder Beschäf­tigte in der EU bei einer grenz­über­schrei­tenden Tätigkeit nach der Verord­nung (EG) Nr. 883/2004 mit der „Beschei­ni­gung A1“ doku­men­tieren, dass er auch für die Zeit der Entsen­dung im heimi­schen Sozi­a­l­ver­si­che­rungs­system versi­chert bleibt.

Foto: Peiker Acustic GmbH

Für Arbeitnehmermobilität und gegen Protektionismus

2018 wurde dann die neue Entsende-Richt­linie (EU 2018/957) verab­schiedet, ihre Umset­zungs­frist endete eigent­lich Ende Juli 2020 – bis dato ist sie noch immer nicht in allen EU-Mitglieds­s­taaten umgesetzt worden. Besonders büro­kra­tisch sind dort die – bußgeld­be­währten – Vorgaben zum Entgelt: Statt der bishe­rigen Mindes­tent­geltsätze muss die „Vergütung“ eines vergleich­baren Beschäf­tigten im Zielland gezahlt werden. Der Arbeit­geber soll dazu sämtliche „die Entloh­nung ausma­chenden Bestand­teile“, die im Zielland durch für allge­mein­ver­bind­lich erklärte Tarif­ver­träge oder kraft Gesetzes gelten, ermitteln. Der Arbeit­geber haftet dabei für jeden Fehler. Besonders unver­hält­nis­mäßig werden die Entsen­de­vor­gaben bei Dienst- bzw. Geschäfts­reisen, denn jede arbeits­be­dingte Grenz­über­schrei­tung innerhalb der EU, wenn auch nur für wenige Stunden, kann eine Entsen­dung sein.

Mitte 2020 wurde das deutsche Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Entsen­de­richt­linie (EU) 2018/957 verab­schiedet und im Bundes­ge­setz­blatt veröf­fent­licht. Die neuen Bestim­mungen haben auf nati­o­naler Ebene zu sehr weit­ge­henden Ände­rungen des Arbeit­nehmer-Entsen­de­ge­setzes geführt. Dieses wurde deutlich verschärft und in seinem Geltungs­be­reich erweitert. Zumindest die Erstre­ckungs­wir­kung allge­mein­ver­bind­li­cher Tarif­ver­träge bzw. die Erstre­ckung durch Rechts­ver­ord­nung unterhalb der Schwelle von zwölf bzw. achtzehn Monaten setzt aber weiterhin einen bundes­weiten Tarif­ver­trag vor. Besonders kritisch ist jedoch, dass die Sonder­re­ge­lungen für bestimmte Tätig­keiten – auch ohne Dienst­leis­tungs­bezug – lediglich zeitlich befristet geltet.

Was wir fordern

Es müssen dringend digitale Instru­mente wie zum Beispiel eine euro­pä­i­sche Datenbank für nationale Entgelt- und Arbeits­rechts­be­stim­mungen und pauscha­li­sie­rende, nationale Entgelt­rechner aufge­setzt werden. Ande­ren­falls wird es den Unter­nehmen nicht möglich sein, wenn nach der Corona-Pandemie auch die Auslands­ent­sen­dungen wieder deutlich zunehmen werden, die neuen Vorgaben der Entsende-Richt­linie in Europa mit vertret­barem Aufwand zu erfüllen. Außerdem brauchen wir für alle Dienst- bzw. Geschäfts­reisen – mit und ohne Dienst­leis­tungs­bezug – Erleich­te­rungen und Ausnahmen bei den arbeits- und sozi­al­recht­li­chen Vorgaben, die in den Mitglied­s­taaten einheit­lich umzu­setzen sind. Auf die Beschei­ni­gung A1 sollte bei kurzen Ausland­s­e­in­sätzen bis zu einer Woche ganz verzichtet werden.

Neue Broschüre „Der Einsatz von Mitarbeitern in Europa – Handlungshilfe für Arbeitgeber“

Gesamt­me­tall hat in Koope­ra­tion mit den Mitglieds­ver­bänden eine Hand­lungs­hilfe für die Unter­nehmen der Metall-und Elektro-Industrie ausge­ar­beitet. Zur Verein­fa­chung der Materie werden die Arbeit­ge­ber­pflichten in der Broschüre anhand eines Vier-Säulen-Modells darge­stellt und erläutert. Ergänzend enthält der Leitfaden eine Check­liste und einen FAQ zur Beschei­ni­gung A1 sowie „Länder­blätter“ mit den wich­tigsten Infor­ma­ti­onen zu den nati­o­nalen Melde- und Doku­men­ta­ti­ons­pflichten. Einen Auszug der Broschüre „Der Einsatz von Mita­r­bei­tern in Europa – Hand­lungs­hilfe für Arbeit­geber“ (Stand: April 2021) und die Check­liste Entsen­dung (Stand: 2022) stehen zum Download bereit. Die voll­stän­dige Fassung kann von den Mitglieds­un­ter­nehmen über die regi­o­nalen Mitglieds­ver­bände von Gesamt­me­tall bezogen werden.